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Golf im Wandel: Erfolgreiche Mitgliederwerbung dank Geld-zurück-Garantie

15. Dez. 2020 von Michael F. Basche in Michendorf, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

„Den Golfclub der Zukunft wird es nicht geben“ (Foto: Golf- und Country Club Seddiner See)

„Den Golfclub der Zukunft wird es nicht geben“ (Foto: Golf- und Country Club Seddiner See)

Mit Golf und der Gesellschaft ist das so eine Sache. Immer noch ist das Verhältnis allzu sehr gekennzeichnet vom Image eines spleenigen Freizeitvergnügens mit fragwürdiger Sportivität. Oder vom Golfclub als Paradebeispiel eines Paralleluniversums – was übrigens nach wie vor viele Golfer selbst reklamieren, wie das unwürdige Gezeter gezeigt hat, als beim Frühjahrs-Corona-Shutdown ein bisschen Gemeinsinn und gesellschaftliche Solidarität gefordert waren.

„Wer die Fakten ignoriert, der kollidiert …“

Dabei sind Golfanlagen längst keine Inseln der Seligen mehr, an denen sich die Wellen der Zeitläufte brechen und im Sande verlaufen; kluge Betreiber, Vereinsführer und Manager achten daher sehr genau auf gesellschaftliche Entwicklungen, wenn sie ihren Betrieb in Sachen Zukunft wetterfest machen wollen. „Wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit“ ist zwar eine Binse, am Wahrheitsgehalt ändert das gleichwohl nichts.

Horst Schubert hat das für seine Arbeit als Vorstand der Golf- und Country Club Seddiner See AG so umformuliert: „Wer die Fakten ignoriert, der kollidiert irgendwann mit der Realität.“ Für den Steuermann des 36-Loch-Ensembles mit Plätzen von Rainer Preißmann und Robert Trent Jones Jr. im Speckgürtel von Potsdam gilt, dass er wahrlich keine Golfbälle auf den Augen hat, selbst nicht mal Golfer ist, dafür aber mit breit gefächertem Interesse weit über den Tellerrand des Spiels blickt.

Den Golfclub der Zukunft wird es nicht geben“

Dort sieht Schubert „sehr unterschiedliche“ Strukturen und Charakteristika: „einerseits alte Traditionsclubs und Anlagen wie unsere mit hohem Qualitätsniveau, andererseits Einsteigermodelle, die wie eine Art Durchlauferhitzer Neugolfer produzieren.“ Alles dazwischen, glaubt er, werde auf Dauer Schwierigkeiten haben: „Discount geht meistens, Premium ebenfalls. In der breiten Mitte hingegen wird es den Golfclub der Zukunft nicht geben. Jeder muss sehen, dass er für sich eine Nische findet: Ausrichtung auf Familie. Oder den Sport als Nukleus.“ Definitiv brauche es „ein besonderes Alleinstellungsmerkmal, mit dem man sich vom Wettbewerber absetzen kann“.

„Steter arbeitsintensiver Prozess“

Das gilt für Betriebe und Unternehmen sämtlicher Branchen; und trotz des planwirtschaftlichen Mitgliedschaftsmodells unterliegen Golfclubs gleichermaßen den Gesetzmäßigkeiten der freien Marktwirtschaft. Sich bloß mit dem Attribut „schönste Golfanlage Deutschlands“ zu schmücken, reicht bei weitem nicht. Davon hat‘s hierzulande eh an die 100 ...

Vielmehr sei das ein „steter arbeitsintensiver Prozess“, sagt Schubert. „Ich muss anpassen, nachjustieren, mir ständig überlegen, ob meine jetzige Ausrichtung noch zeitgemäß ist“. Und: „…darauf achten, was in anderen Branchen passiert, in der Gesellschaft allgemein. Wie verändert sich das Verbraucherverhalten? Das sind gesamtgesellschaftliche Faktoren, die massiv auf das Geschäft der Golfanlagen einwirken, von diesen aber gar nicht zu steuern sind.“

Für Abschlag der Ideen“ des DGV nominiert

Schubert schaut sehr genau hin, scheut auch vermeintlich mit Golf bzw. mit tradierten Clubstrukturen Unvereinbares nicht. Seit 2013 offeriert der G&CC Seddiner See ein Spielrecht mit Geld-zurück-Garantie (GZG). Was den Online-Handel allein wegen des enormen Rückporto-Aufwands durchaus schwer belastet, das Produkt auf Probe nämlich, hat sich in Michendorf als „Jahresmitgliedschaft mit Sonderkündigungsrecht“ zum Erfolgsmodell entwickelt. Und wurde vom Deutschen Golf Verband (DGV) in die Endauswahl der drei Nominierten für die dritte Auflage des Innovationspreises „Abschlag der Ideen“ aufgenommen, der heuer in der Kategorie „Kundengewinnung“ vergeben wird.

Im Klartext: Bei Ausübung des Sonderkündigungsrechts zum 30. Juni wird der gezahlte Jahresbeitrag komplett erstattet – egal, aus welchen Grund die Kündigung erfolgt. „Somit hat jeder Nutzer dieses Spielrechts die Möglichkeit, Golfanlage und Club ohne das geringste finanzielle Risiko zu testen“, betont Schubert. 2020 waren das 64 „Schnupperer“, lediglich fünf stiegen nach sechs Monaten wieder aus und nahmen die Beitragserstattung in Anspruch. Fürs kommende Jahr verzeichnet er bereits 84 neue GZG-Mitgliedschaften.

„Weil sie sich offenbar bei uns wohlfühlen“

„Dieses Angebot hat sich hervorragend entwickelt“, berichtet Schubert und hat registriert, „dass 40 Prozent aus dem Bereich der Fernmitgliedschaft kamen“ – was für ihn indes ein Unwort ist. „Besser wäre die Bezeichnung Wenigspieler. Viele von ihnen sind halt an Clubleben gar nicht interessiert, wollen bloß spielen und sehen eine Golfanlage als Dienstleister, wie ein Fitnesscenter. Wir sehen, dass man sie sehr wohl zum Test anreizen und zum Umstieg bewegen kann. Weil sie sich offenbar bei uns wohlfühlen.“

Schubert – und nicht nur er – sieht sich im generellen Credo bestätigt, dass sich die Menschen durchaus auf breiterer Front für Golf begeistern lassen, man sie nur erst mal auf die Anlage und an den Schläger bringen muss. Die „Geld-zurück-Garantie“ im Fall des Nichtgefallens ist ein smarter Service für eine Spaßgesellschaft, die gern vieles erst mal unverbindlich ausprobiert.

Qualität als Selbstverpflichtung

Das damit verbundene Risiko hoher Fluktuation ist für den Seddiner See keins, weil man sich per se dem Premium-Segment verschrieben hat. Da ist Qualität in allen Bereichen keine Marketingmaßnahme, sondern praktizierte Selbstverpflichtung. Die weckt nun mal Interesse und erzeugt Bindung. Was sich wiederum sehr beruhigend auf die Zitterpartie auswirkt, die Golfclubs regelmäßig einmal im Jahr durchleben: das Verhältnis von Ab- und Zugängen nämlich.
„Im Schnitt bleiben uns rund 94 Prozent der Mitglieder erhalten“, berichtet Schubert in diesem Zusammenhang, der seine „Drop-out“-Quote ohnehin nach entgangenen Beitragsumsätzen statt verlorener Kopfzahl berechnet: „Damit haben wir einen stabilen Sockel.“


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