Panorama

Fairways of Fame: Iron Maiden, die Schwermetall-Musiker mit der großen Golfliebe

11. Nov. 2022 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland

(Foto: Instagram.com/@ironmaiden)

(Foto: Instagram.com/@ironmaiden)

Also, zum Klischee passt das ja eigentlich gar nicht: Heavy-Metall-Musiker, die während ihrer Tourneen gepflegt den kleinen Ball durchs Gelände treiben. Statt beispielsweise Orgien zu feiern oder zugedröhnt Hotelzimmer zu zerlegen. Alice Cooper ist wohl das bekannteste Beispiel, dem selbst ernannten „Golf Monster“ hat das Spiel nach eigener Aussage immerhin mehrfach das Leben gerettet.

Unfreundlicher Untoter namens Eddie

Die Truppe, von der jetzt die Rede sein soll, ist freilich noch mal ein anderes Kaliber. Sie taufte ihre Formation nach einem mittelalterlichen Folterinstrument, die Cover der Tonträger zeigen axtschwingende Skelette, das Maskottchen ist ein unfreundlicher Untoter namens Eddie, der wahlweise ebenso als Cyborg, Mumie oder lobotomierter Geisteskranker auftritt, ihr erfolgreichstes Album trägt den Titel „The Number of the Beast“. Und gegen den Sound von Iron Maiden wirkt Schock-Rocker Cooper beinahe wie ein Regensburger Domspatz.

130 Millionen verkaufte Alben

Doch es ist längst eine Binse, dass die scheinbar wüsten Gesellen abseits der Bühne meist sanfte Lämmchen sind – Ausnahmen bestätigen die Regel. Das gilt gleichermaßen für die Mitglieder der 1975 im Londoner Osten gegründeten britischen Band, die mit ihrem von einer Horror-Show umrahmten Hardrock zu den stilprägenden Begründern des Heavy Metal gehören, weltweit mittlerweile 130 Millionen Exemplare ihrer insgesamt 41 Alben verkauft haben und zu den erfolgreichsten und meistverehrten Rockbands aller Zeiten zählen.

Unterwegs mit der „Ed Force One“

Iron-Maiden-Sänger Bruce Dickinson beispielsweise ist ausgebildeter Verkehrspilot, war zwischendurch für eine Fluglinie unterwegs und steuerte jahrelang die bandeigene Boeing 747-400. Es gibt ein legendäres Foto von 2016, wo die Regierungsflieger der damaligen deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und des französischen Staatspräsidenten Francoise Hollande von „Ed Force One“ in den Schatten gestellt werden. Mittlerweile ist der Koloss, nicht zuletzt aus Umweltschutzgründen, ausrangiert worden. Seine Affinität zu Golf bestehe allerdings lediglich durch den golfballgroßen Tumor, der 2015 bei ihm gefunden worden sei, hat Dickinson mal über seine Krebserkrankung gescherzt, die er dank Bestrahlung und Chemo mittlerweile überwunden hat.

Dafür sind Drummer Nicko McBrain sowie Gitarrist Dave Murray halt leidenschaftliche Golfer, verkrümeln sich während der Iron-Maiden-Gastspiele auf die Plätze dieser Welt. Murray, der überdies auf der Hawaii-Insel Maui lebt und einige der weltschönsten Kurse direkt vor der Tür hat, erzählt gern, dass er sich „am liebsten ein paar Runde pro Woche“ gönnt: „Mein Handicap schwankt aber immer noch zwischen 15 und 24.“ Nicko McBrain wiederum, seit 2015 übrigens alkoholabstinent, hat aus seiner Passion sogar eine weltumspannende Aktion gemacht und fordert Gleichgesinnte über die App „Ultimate Golf“ zum Duell heraus.

Kein Wunder daher, dass Iron Maiden auch Golfbälle im Devotionalien-Angebot hat. Die Merchandise-Murmeln sind mit unterschiedlichen Konterfeis von Eddie und jeweils mit einem Autogramm von McBrain bedruckt.


„Ich lebe dafür! Wenn ich kein professioneller Drummer wäre, würde ich versuchen, professioneller Golfer zu werden. Leider bin ich nicht so gut. Aber ich spiele seit 1986! Wenn man Golf spielt, egal auf welchem Level man sich befindet, denkt man nur an Golf, wenn man auf dem Platz ist. Es sind Gegensätze und es ist so eine Erleichterung vom Stress auf der Bühne – egal welche Art von Musik –, vom Stress, andere zu unterhalten und zu reisen.“

Nicko McBrain im Interview mit der „New Times Broward-Palm Beach“


Lektionen von und für Faldo

Die Golfaktivitäten der beiden Band-Urgesteine sind so vielfältig wie die Liste der Auszeichnungen für Iron Maiden oder ihre Discographie lang sind. Murray ist eng befreundet mit dem schwedischen Golf-Veteranen Jesper Parnevik, der mit dem aufgestellten Schirm an der Base-Cap. Derweil nahm McBrain schon mal Golfunterricht bei Sir Nick Faldo und erteilte dem sechsfachen englischen Majorsieger im Gegenzug eine Lektion in Sachen Schlagzeug, stellte ihm überdies beim Ryder Cup 2008 in Valhalla zwei „Drum Kits“ für den Team-Raum zur Verfügung – „damit die Jungs ihren Frust ablassen können“, wie Faldo erklärte, der damals Europas Kapitän war. Dafür gab’s angesichts der 11,5:16,5-Niederlage gegen die US-Gastgeber vermutlich reichlich Anlass.

„The Iron Arnie & Iron Maiden“

Selbst zu Arnold Palmer gibt’s eine Beziehung, „weil Arnie es ebenfalls immer taff mochte“, wie es auf der Homepage des kanadischen Whistler Golf Club heißt. Deswegen findet dort alljährlich „The Iron Arnie & Iron Maiden“ statt, ein Wohltätigkeitsturnier, bei dem McBrain und Murray sich gern ins Starterfeld mischen, wenn der Spielplan es zulässt.

„Sechs alternde Prediger der Church of Heavy Metal“

Schade übrigens, dass die sehenswerte Konzertdokumentation „Flight 666“ – drei mal 6 ist übrigens „The Number of the Beast“ – nicht mehr verfügbar ist, der während der Welttournee 2008 entstanden ist, als Iron Maiden binnen 45 Tagen 21 Städte auf vier Kontinenten abriss, und lange in der „Arte“-Mediathek verfügbar war. Das zweistündige Werk des Regisseurs Sam Dunn und des Filmemachers Scot McFadyen gewährt einen tiefen Einblick in die „Familie“ Iron Maiden und einen Eindruck davon, „mit welcher Demut sechs alternde Prediger der Church of Heavy Metal die bedingungslose Zärtlichkeit ihrer Fans in klassenlose Energie verwandeln“, wie „Der Tagesspiegel“ noch im Juni notierte. Und natürlich streiflichtert der Film auch McBrains und Murrays golferische Umtriebe.

Dass solche Typen freilich im Umkehrfall auch nur sehr bedingt bis gar nicht ins (vielfach immer noch gewünschte) Rollenbild eines Golfers fallen, zeigte sich unlängst wieder, als „Kings-of-Leon“-Schlagzeuger Nathan Followill in einem Edelclub in Sydney angehalten wurde, gefälligst seine Tätowierungen zu bedecken. „Willkommen in den 1950er-Jahren“, schrieb Followill darob auf Twitter: „Ganz toll, auf diese Art das Spiel zu fördern.“ Stimmt: Ein paar mehr unkonventionelle Rocker wie McBrain, Murray, Followill oder etwa Eddie Van Halen, Tico Torres von Bon Jovi und Frank Beard von ZZ Top auf den Fairways täten dem Golfsport sicherlich gut.


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