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Das Clubhaus 4.0: Smarte Attraktion statt Bollwerk wider den Zeitgeist

31. Mai. 2020 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Das Clubhaus des Golfclubs Herzogswalde bei Dresden. (Foto: Michael F. Basche)

Das Clubhaus des Golfclubs Herzogswalde bei Dresden. (Foto: Michael F. Basche)

Das Clubhaus gehört zu einer Golfanlage wie die Küche zum Restaurant: Für den Schuhwechsel davor und das Kaltgetränk danach, für die Verwaltung dessen, was draußen auf dem Platz „serviert“ wird, als Begegnungs-, Versammlungs- und Geselligkeitsstätte. Clubhäuser können sein wie das Container-Provisorium des Ostsee Golf Resort Wittenbeck bei Kühlungsborn mit seiner charmanten Fernsichtterrasse, längst umrankt von Efeu, wildem Wein und Gemütlichkeit, oder ausgefallen wie die architektonische Besonderheit im Golfclub Herzogswalde nahe Dresden, die dank des bemoosten Dachs dennoch harmonisch in der Landschaft ruht.

Visitenkarte der Golfanlage

Clubhäuser, ganz gleich ob pittoreskes Gutshaus oder modernes Funktionsgebäude, gelten zurecht als die Visitenkarte einer Golfanlage; hier zuvorderst und zuletzt kommt und geht der Gast, sei‘s Mitglied oder Besucher. Und so sind auch Clubhäuser Teil des Problems und Teil der Lösung, wenn es um die Golfentwicklung geht.

Ein Blick auf die Terrasse des Clubhaues im Ostsee Golf Resort Wittenbeck. (Foto: Michael F. Basche)

Ein Blick auf die Terrasse des Clubhauses im Ostsee Golf Resort Wittenbeck. (Foto: Michael F. Basche)

Dem organisierten Golfsport laufen die Menschen weg, 2018 gab‘s in Deutschland erstmals mehr Ab- als Zugänge, das muss jetzt nicht wiedergekäut werden. Dazu passt gleichwohl, dass im deutschen Sport generell eine Abkehr vom Vereinsleben festzustellen ist (Sportentwicklungsbericht 2015/2016 des Deutschen Olympischen Sport Bunds/DOSB).

Wie zeitgemäß kann, muss, will Golf sein?

„Der gesellschaftliche Wertewandel (hin zur Individualisierung – weg von Vereinen und Organisationen) wird insgesamt zu einem weiteren Rückgang des in Vereinen organisierten Sports und somit auch des clubgebundenen Golfsports führen“, schreibt dazu Horst Schubert, Vorstand der Golf- und Country Club Seddiner See AG und ein scharfäugiger wie kenntnisreicher Beobachter des Golfmarkts, in einem Beitrag für das Fachmagazin „golfmanager“ unter dem Titel „Clubgebundenes Golf – ein Fall für Optimisten“.

Mit der Abkehr der modernen Spassgesellschaft vom tradierten Vereinsleben und von langatmigen Turnier-Veranstaltungen stellt sich die Frage, wie zeitgemäß Golf sein kann und sein muss? Oder sein will, wenn man es sich nicht als Spielart der allein noch für Zuwachs sorgenden Altersklasse Ü50 in der Nische bequem gemacht hat und sehenden Auges der biologisch bedingten Bedeutungslosigkeit entgegen hockt.

USP schaffen: Sie wollen doch bloß spielen

Die 50.493 Personen, die 2018 wieder gegangen sind (bei 47.790 Einsteigern), waren mal organisierte Clubgolfer; sie haben ihre einmal beschlossene Hinwendung zum Spiel garantiert nicht allesamt vollständig widerrufen. Ein Großteil dürfte vielmehr abgewandert sein in den Pool der freien Golfer ohne Mitgliedschaft, Registration und Clubzugehörigkeit. Sie sind weiterhin offen für Golf, verweigern sich lediglich dem System. Oder anders: Sie wollen doch bloß spielen.

Dort muss gefischt werden, Bindung hergestellt werden an das Produkt, an die Anlage – wenn schon nicht mehr als Mitglied, dann wenigstens als regelmäßigen Gast. Dafür braucht es – das ist so in der freien Marktwirtschaft – USP (Unique Selling Propositions), einzigartige Verkaufsversprechen, kurz: Alleinstellungsmerkmale. Golfanlagen sind zumeist keine Horte tradierter Glückseligkeiten fernab des Laufs der Welt mehr. Also, warum soll der spielwillige Smart-Golfer hier und nicht beim Mitbewerber aufteen? Welche Kriterien, welche Angebote sorgen für den Ausschlag bei der Kaufentscheidung?

Clubhaus als attraktiver Anziehungspunkt

Köder, sprich Lösungsansätze gibt‘s genug: spektakuläres Design als Zugnummer, Abenteuerspielplätze hat; Kurzkurse, die wie ein Großer daher kommen; spaßig-spannende Spiel- und Turnierformate statt der öden, jedes Mal ewig währenden Klickerei nach Stableford; Mitgliedschaftsangebote, die sich auf individuelle Zeit- und Aktivitätsbedürfnisse zuschneiden lassen; selbst für die Driving Range finden sich eifrig frequentierende Fans, wenn sie nicht aussehen wie die öden, leblosen Wiesen, die sie zumeist leider sind. Wer etwas wagt, der kann verlieren; Garantien gibt es keine. Wer indes gar nicht erst etwas wagt, der hat schon verloren.

Das gilt ebenso für die Clubhäuser, die vielfach anmuten wie Bollwerke wider den Zeitgeist. Auch sie indes können als attraktiver Anziehungspunkt ein smarter Aspekt besagter Kaufentscheidung sein. Erst recht, wenn man auf die Jugend, auf den Nachwuchs schielt.

Wo sind die Bereiche für die Jugend?

Der Hamburger Golfplatz-Architekt David Krause erzählte unlängst von den Ausflügen vergangener Jahre mit seinen Kindern auf die Golfanlage. Nach spätestens zwei Stunden hatten die Kids keine Lust mehr, wurden unruhig und begannen zu nörgeln. „Wenn es eine Alternative zum Golf gegeben hätte, irgendwo Fußball spielen oder meinetwegen Videospiele, dann hätte ich noch in Ruhe den einen oder anderen Korb Bälle schlagen können“, schmunzelte Krause, auf dessen Designerkonto Kurse wie Golf Valley, WINSTONlinks oder Golf Gleidingen gehen, und fragte anschließend in aller Ernsthaftigkeit: „Was macht ihr im Klubhaus für die Jugend? Gibt es einen separaten Raum, einen Kicker beispielsweise? Oder eine Ecke mit W-Lan für Computerspiele, einen Social-Media-Bereich?“

Ins gleiche Horn stößt Joost Hage, Head-Pro im Golf Club Grambek bei Mölln. „Wir brauchen mehr Entertainment rund ums Klubhaus und dürfen nicht mehr nur im Golf-Muster denken“, sagt der Niederländer, als Nationalspieler, PGA Professional und Trickgolfer ein weit gereister Mann: „Weg von klassische Ablauf! Warum nicht auch Fußball oder Frisbee? So bleiben die Jugendlichen wenigstens auf der Anlage.“ Das Ostsee Golf Resort Wittenbeck übrigens musste seine Soccergolf-Anlage „GoFu-Park“ wegen behördlicher Nutzungseinwände wieder schließen, auch so kann‘s kommen …

Dustin Johnson: Alle möglichen Sportarten probieren

Schützenhilfe sozusagen kommt von jenseits des großen Teichs. Als Dustin Johnson vor einiger Zeit im Heimatclub TPC Myrtle Beach/South Carolina eine Erweiterung seiner dortigen Golf-Akademie propagierte, da äußerte sich der Weltranglistenerste auch zur Nachwuchsgewinnung und -förderung.

Quintessenz: „Fangt früh an, allerdings zwingt sie nicht. In jungen Jahren muss sich niemand ausschließlich dem Golfsport verschreiben. Lasst sie alle möglichen Sportarten probieren und ausüben. Das fördert die Athletik generell und auch die Fähigkeiten, die später Golf spezifisch nötig sind.“ Was spricht also dagegen, zusätzliche Sportangebote auf der Golfanlage selbst zu integrieren? Es lockt, bindet, fördert.

Nichtgolfer mit dem Spiel in Kontakt bringen

Genau darum geht es. Clubhäuser haben zumeist durchaus die räumliche Kapazität für kulturelle Veranstaltungen in kleinerem Rahmen, für Konferenzen und Seminare oder gesellschaftliche Anlässe wie Hochzeiten und Bankette. So kommen auch Nichtgolfer mit dem Spiel in Kontakt, entsprechende Angebote vorausgesetzt.

In den USA geht der Trend ohnehin zum multifunktionalen Clubhaus als gesamtgesellschaftliches Angebot zur Freizeitgestaltung. Simulatoren, Fitness-, Spa- und Wellness-Einrichtungen, Yoga-Kurse, Cocktaillounges, Weinbars oder selbst Boccia-Bahnen sind an der Tagesordnung, um Mitglieder zu binden und neue Gäste zu gewinnen. Das ist für hiesige Verhältnisse sicherlich sehr weit gegriffen. Aber ein bisschen Schielen über den puren Golf-Tellerrand hinaus darf und sollte schon sein.

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