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„D. J.“: Standpauke von Eishockey-Titan Wayne Gretzky wirkt bis heute

16. Nov. 2020 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Wayne Gretzky spielt des Öfteren mit seinem Schwiegersohn in Spee Golf (Foto: Getty)

Wayne Gretzky spielt des Öfteren mit seinem Schwiegersohn in Spee Golf (Foto: Getty)

Der Scherz kam so zwangsläufig, wie das Ritual ums Green Jacket auf den Masters-Gewinn folgt: Was wird Dustin Johnson wohl in viereinhalb Monaten beim Champions Dinner servieren, wenn das Golf-Hochamt in Georgia wieder als erstes Major eines jeden Jahres auf seinen angestammten Platz in der ersten vollen April-Woche zurückkehrt? Nachdem er im Vorfeld des diesjährigen Turniers die Sandwiches von Augusta National als das Beste am Masters bezeichnet hatte, und zwar „alle!“, lieferte Tiger Woods via Twitter die nahe liegende Antwort – es gibt wahrscheinlich Sandwiches. Als Vorspeise, als Hauptgang und zum Dessert; vielleicht in der Reihenfolge Eiersalat, Barbecue und Pimento-Cheese, denn Käse schließt ja bekanntlich den Magen.


Spaß beiseite, die Gedanken ans Menü für nächstes Jahr haben Zeit, erst mal musste der 36-Jährige den „Kindheitstraum“ erfassen und sacken lassen, den er sich in der Rekord-Manier von 268 Schlägen erfüllt hat. Oder anders: „20 unter“ in 2020.

Erster Sieg eines Weltranglistenersten seit 2002

Und das nach vier vergeigten klaren Majorführungen bei den US Open 2010, 2015 und 2018 sowie bei der diesjährigen PGA Championship, die er stets mit der lapidaren Bemerkung quittierte, er sei halt nicht an der Reihe gewesen, habe gut gespielt, andere eben besser. Dazu ein Fünf-Schläge-Vorsprung, den es nicht mehr gab, seit Tiger Woods seinen Verfolgern 1997 ein volles Dutzend verpasste.


Aufmerksamen Beobachtern dürfte nicht entgangen sein, dass Dustin Johnson beim Putten in der Vorbereitung die linke Hand an den rechten Oberarm führt und diesen an den Torso drückt. Damit begegnet der Weltranglistenerste seiner Angewohnheit, beim Putten den rechten Ellenbogen auszufahren, so dass die Putts immer leicht nach links gingen. Mit der neuen Vorbereitung, die er während des Shutdown entwickelt hatte, fixiert er den Arm am Oberkörper und absolviert daher den Rückschwung mehr nach innen, um dann „square“ an den Ball zu kommen. Dadurch hat er seine einstige Puttschwäche endgültig ausgebügelt.


Tigers Sieg 2002 war übrigens auch der letzte eines Weltranglistenersten – bis „D. J.“ sich gestern verwirklichte. Was ihn förmlich übermannte und zu Tränen rührte. „Ich hatte noch nie so viel Probleme, mich zu sammeln und meine Gefühle im Griff zu haben“, bekannte er bei seiner Siegerrede. „Auf dem Platz gelingt mir das hingegen ziemlich gut.“

Frappierende Gelassenheit

Stimmt. Einmal mehr war die Gelassenheit frappierend, mit der dieser 1,93-Meter-Schlaks über Augusta Nationals Fairways schlenderte – selbst, als ihm nach den Schlagverlusten auf Loch 4 und 5 der bravourös aufspielende Australier Cameron Smith gefährlich nahe kam. Johnson legte eine Schippe nach und schaukelte seinen Vorsprung vermeintlich entspannt („Innerlich war ich den ganzen Tag nervös“) nach Hause.


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Das erinnerte ein wenig an Oakmont 2016, als er inmitten des von der USGA verschuldeten Regel-Tohuwabohus die Nerven bewahrte und trotz der Farce eines nachträglich aufgebrummten Strafschlags mit der US Open sein erstes Major gewann. „Der Unvollendete“ hatten die amerikanischen Medien ihn vorher genannt: Noch ein Top-Spieler, dem trotzdem der ganz große Wurf nicht gelingen will; erst recht nach dem Debakel von Chambers Bay 2015, als er mit einem Drei-Putt auf dem 18. Grün die „Offene Amerikanische“ an Jordan Spieth herschenkte.

Faible für Partys, leichtes Leben und Wodka

Doch in den Monaten davor war etwas passiert, das den Menschen Dustin Johnson gründlich verändern, nein läutern sollte. Und mithin den Golfer, der sein immenses Potenzial nur selten zur rechten Zeit auf den Punkt zu bringen vermochte, es sogar zu verschleudern schien mit seinem Faible für Partys und leichtes Leben. Dazu gehörte dem Vernehmen nach auch Bruder Austin („Mein besten Freund“), den der Longhitter seit 2013 als Caddie an der Tasche hat; die beiden sind gleichermaßen auf dem Golfplatz zu einem kongenialen Duo gewachsen.

Viel wurde geschrieben über die selbst auferlegte Auszeit, die ihm angeblich nach einem positiven Kokain-Test von der PGA Tour nahe gelegt wurde. Koks hat Johnson immer dementiert, indes zugegeben, dass die als Rückzugsgrund angeführten „persönlichen Herausforderungen“ sein exzessiver Lebenswandel mit zu vielen Partys und übermäßigem Alkoholgenuss gewesen seien. Er habe gelegentlich zu viel Wodka getrunken – „nicht sehr oft, aber dann immer ein bisschen zu viel“ – und überdies Probleme gehabt, mit Stress umzugehen.

Dustin Johnson: Schlechte Gewohnheiten abgelegt

Während der Turnierpause arbeitete das einstige Feierbiest mit Medizinern und Psychologen und legte die schlechten Gewohnheiten ab. Die Geburt des ersten Sohns Tatum tat ein Übriges. „In den vergangenen Monaten bin ich wirklich erwachsen geworden. Der Weg war hart, aber ein guter“, erklärte Johnson damals, der mittlerweile zweifacher Vater ist. „Ich beginne der Mensch zu werden, zu dem meine Kinder aufschauen können.“
Den entscheidenden Anteil an seiner Wandlung dürfte jedoch Wayne Gretzky gehabt haben, ansonsten bekannt als „The Great One“, Nordamerikas berühmtester Eishockeyspieler neben der Legende Bobby Orr und Vater von Johnsons Verlobter Paulina.

„The Great One“: Androhung eines Heirats-Vetos

Laut einem damaligen Bericht des Nachrichtenkanals „Fox News“ hatte der Kufen-Titan sich seinen künftigen Schwiegersohn zur Brust genommen und ihm gehörig den Kopf gewaschen: Johnson könne sich die Hochzeit mit Paulina abschminken, wenn er nicht mit dem Party-Leben samt Drumherum (!) aufhöre.
Öffentlich klang das später freilich so: „Das Leben ist nun mal nicht immer perfekt“, beschwichtigte Gretzky in einem Radio-Interview: „Er [Dustin Johnson] macht gerade eine harte Zeit durch und sagte mir, er werde dadurch ein besserer Mensch … Er ist ein wunderbarer Kerl mit einem guten Herz, und wir kümmern uns um ihn. In solchen Zeiten muss eine Familie ganz eng zusammenhalten.“

Hochzeit mit Paulina steht immer noch aus

Es hat sich ausgezahlt, die Standpauke wirkt bis heute Dustin Hunter Johnson, geboren in North Carolina, aufgewachsen nur eine Autostunde entfernt von Augusta National in South Carolina und wohnhaft in Palm Beach Gardens/Florida, ist nun Masters-Champion und zweifacher Majorsieger.
Seit gestern führt der Mann, der auf dem Golfplatz stets bis zur Lethargie in sich zu ruhen scheint, das Turnier im Lebenslauf, „das ich immer am Sehnlichsten gewinnen wollte“. Mit dem Siegerscheck über 2,07 Millionen Dollar hat er zudem 70,7 Millionen Dollar an Karriere-Preisgeldern eingesackt und ist damit Fünfter im Reigen der Prämien-Krösusse. Bloß verheiratet sind „D. J.“ und Paulina Gretzky immer noch nicht.


Das endgültige Schlusswort indes soll dem irischen Parodisten Conor Moore obliegen:

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