Martin Kaymer

Martin Kaymer im exklusiven Open-Interview: „Die Herausforderung ist, sich zurückzuhalten“

18. Jul. 2018 von Jacqueline Sauer in Carnoustie, Schottland

British Open Championship 2018 Martin Kaymer Interview

Martin Kaymer nutzt seine Proberunde bei der Open Championship dafür, einen kleinen Fan sehr glücklich - und reich - zu machen. (Foto: Getty)

Am Donnerstag beginnt für Martin Kaymer die 147. Open Championship in Carnoustie - und das bereits ins aller Herrgottsfrühe. Wie er damit zurechtkommt, was es auf dem Platz zu beachten gilt und welcher Moment ihm die letzte Proberunde versüßte, verriet er Golf Post im Interview.

"Ich habe das Birdie an Loch 18 gespielt und einen 12-jährigen Jungen aus Carnoustie glücklich gemacht - ein guter Start in den Tag"

Golf Post: Gegen Ende Deiner Proberunde heute gab es einen lustigen Moment. Erzähl doch mal. 

Martin Kaymer: Ich habe mit Charl Schwartzel gespielt. Nach 17 Loch habe ich zu meinem Caddie gesagt: "Ich spiele auf der 18 ein Birdie." Craig (Martin Kaymers Caddy, Anm. d. Red) war der Meinung, dass ich das nicht schaffen würde. Daraufhin habe ich zu Craig gesagt, er solle jetzt keinen Caddie für mich machen, sondern habe mir hinter der Tee Box einen Zwölfjährigen geschnappt und gesagt: "Komm, Du bist jetzt mein Caddie!"

Wir haben also die ganzen Schläger aus dem Bag genommen und der Junge - Reese, ein super Typ, er kommt hier aus der Gegend - hat den Caddie gemacht. Ich habe zu ihm gesagt: "Pass auf: Wir müssen jetzt ein Birdie machen, um es Craig zu zeigen und er sagte: "Come on, you can do it!"

Auf dem Grün habe ich dann noch etwa sieben, acht Meter zum Birdie gehabt. Da habe ich ihn gefragt: "Hast du schonmal den Ryder Cup geguckt?" und er hat geantwortet: "Klar, ich habe alles geguckt! Ich habe auch Deinen Putt in Medinah gesehen!" Und ich sagte zu ihm: "Dieser Putt jetzt ist wichtiger, das Ding muss rein!" Ich hab den Putt gelocht und er ist total ausgerastet. Ergo ein großartiger Start in den Tag.

Golf Post: In der Tat! Aber lass uns über den Start reden, der Dich morgen bei der Open Championship erwartet. Du musst ja früh aufstehen.

Martin Kaymer: Ja, um 3:30 Uhr.

Golf Post: Stört so eine frühe Startzeit die normale Routine?

Martin Kaymer: Im Grunde haben wir schon gestern mit der Routine angefangen. Wir sind relativ lange wach geblieben, haben wenig geschlafen und heute schon so früh die Proberunde gespielt, um zu sehen, wie sich der Platz morgens spielt - heute war zum Beispiel kein Wind, er hat sich aber trotzdem wegen der morgendlichen Kühle relativ lang gespielt. Den Tag über muss ich nun irgendwie beschäftigt bleiben, also gehe ich noch ins Fitnessstudio. Dann wird früh zu Abend gegessen, schon gegen fünf, damit ich um acht, halb neun schlafen kann. Ich habe also schon gestern angefangen, mich vorzubereiten, damit ich morgen nicht total gerädert auf das erste Tee gehe.

Golf Post: Ist es denn auch eine Chance für Dich, dass morgens weniger Wind weht?

Martin Kaymer: Ich sehe es schon als Vorteil an, wenn man so früh spielt. Die einzige Herausforderung ist es, da wirklich topfit zu sein, aber das kann man durch zwei, drei Sachen regeln - indem man eben früh genug aufsteht, genug schläft, früh genug ins Bett geht. Aber klar, auf Linksplätzen keinen Wind zu haben ist immer ein riesiger Vorteil. Im Endeffekt muss man aber trotzdem die richtigen Schläge machen.

"Die Bunker sind hier einfach überall im Weg"

Golf Post: Du hast jetzt zwei Proberunden hinter Dich gebracht. Wie fühlst Du Dich? Bist Du zufrieden mit Deinem Spiel, fühlst Du Dich wohl?

Martin Kaymer: Ich habe sehr, sehr viel gespielt seit April. Seit Ende März hatte ich maximal eine Woche frei zwischen Turnieren und man merkt schon, dass die Konstanz gar nicht da ist - entweder verpasse ich den Cut oder schaffe es in die Top 10. Ich habe in dieser Woche zwei, drei Sachen gefunden, auch auf der Range, die den Schwung betreffen. Diese Woche geht es allerdings nicht darum, sich unbedingt die Birdiechancen zu erarbeiten, sondern darum, sich einfache Chance auf ein Par zu geben. An manchen Löchern kann man nicht von den Bunkern wegspielen, weil sie einfach überall im Weg sind. Normalerweise kann man, wie beispielsweise in Wentworth, von den Bunkern wegspielen, also die Bunker aus dem Spiel nehmen - das funktioniert hier nicht, hier muss man wirklich gute Schläge machen. Da muss man natürlich auch etwas Glück haben mit den Bounces.

Golf Post: Gibt es hier Bahnen, wo Du tatsächlich gezielt nicht die Bahn anspielst, sondern so ein stückweit nach links oder rechts zielst, in das Rough, um die Bunker zu vermeiden? 

Martin Kaymer: Ja, ich habe zwei Löcher, an denen ich absichtlich ins Rough ziele. An der 4 zum Beispiel, das ist ein Dogleg nach rechts; wenn man da rechts ins Rough schlägt, hat man keinen Bunker im Spiel. Da hat man dann noch maximal hundert Meter bis zum Anfang des Grüns. Und an der Par-5-14, da schlage ich auch einen Driver, versuche über den Bunker drüber zu schlagen, dann habe ich nur noch ein Eisen auf das Grün. Damit habe ich nur einen Bunker im Spiel, wenn ich mit einem Eisen abschlage sind es drei oder vier. Irgendwas hat man aber immer im Spiel - am Ende des Tages muss man einen guten Schlag machen.

Golf Post: Wenig Wind und ein harter Platz - erwartest du ein niedriges Ergebnis?

Martin Kaymer: Nein. Die Pin Positions werden sicher nicht wie heute auf den Proberunden mitten auf dem Grün sein. Deshalb muss man da einfach sehr geduldig rangehen, auch wenn es einfach scheint. Man muss natürlich nach vorne spielen, aber keine Fehler machen von wegen: Hier ist es einfach, ich muss hier Birdies machen. Das ist morgen glaube ich eher die Herausforderung - sich zurückzuhalten.

Golf Post: Du sagst selbst, Du hast seit März viel gespielt und wirst in den kommenden Wochen auch noch viel spielen. Wie fühlst Du Dich damit? 

Martin Kaymer: Schwer zu sagen. Der Körper zwickt natürlich hier und da, auch psychologisch gesehen ist es schwierig, sich nach sechs, sieben Wochen am Stück dazu zu pushen, auch in der Woche wieder hundert Prozent zu geben, obwohl man sich unterbewusst wahrscheinlich etwas zurückhält, weil man weiß, dass man Kräfte einsparen muss. Aber gut, das war halt ein bisschen bitter mit den Verletzung am Anfang des Jahres, wo ich zwei, drei Turniere in Amerika verpasst habe - denen laufe ich jetzt hinterher. Das ist die Problematik, wenn man auf beiden Touren spielt und in Europa lebt. Dann hat man manchmal die Schwierigkeit, dass man so viele Wochen in Folge spielen muss, um die 15 Turniere vollzukriegen. Aber es ist wie es ist und ich muss schauen, dass ich meinen Körper so gesund halte, wie es nur geht. Aber klar, die eine oder andere Stelle, die wehtut, die hat man, ja.

Golf Post: Danke für das Gespräch. Wir drücken Dir für Deinen Auftakt bei der Open Championship morgen die Daumen und freuen uns auf die Clubhaus-Führung morgen!


Das Interview führte Robin Bulitz


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