Panorama

„Black Golf Matters“: Ausgerechnet das Masters soll ein Zeichen setzen

03. Sep. 2020 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Community Artikel

Beim Masters in Augusta soll ein Zeichen gegen den Rassismus gesetzt werden: "Black Golf Matters".

Beim Masters in Augusta soll ein Zeichen gegen den Rassismus gesetzt werden: "Black Golf Matters".

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Es sind Bilder einer gespaltenen Nation: Nahezu jeden Abend zeigen die Nachrichtensendungen Impressionen der Unversöhnlichkeit aus den USA, wo das „Black-Lives-Matter“-Bündnis gegen zementierte gesellschaftliche Strukturen und mithin weite Teile des weißen Establishments aufbegehrt – ausgelöst durch die tödliche Polizeigewalt gegen George Floyd, befeuert durch die Schüsse auf Jacob Blake.

"Black Golf Matters"

Der Sport kann und will angesichts der anhaltenden Rassismusdebatte nicht neutral sein, zumal zahlreiche populäre Protagonisten „People of Colour“ sind und ihre Haltung ausdrucksstark kundtun. So haben die großen Ligen ebenfalls längst deutlich Stellung bezogen; und vergangene Woche schloss sich die PGA Tour mit einem Statement unmittelbar vor Beginn der BMW Championship an, während Cameron Champ sein schwarz-weißes Paar Golfschuhe schnürte – ein starkes Zeichen des 25-Jährigen mit afroamerikanischen Wurzeln.

Ein noch deutlicheres Fanal will Gary Player im November setzen. Der neunfache Majorsieger plädiert für einen besonderen „Honorary Starter“ beim Masters: Lee Elder. Geht es nach Player, dann schickt genau der Mann als Dritter im Bunde mit ihm und Jack Nicklaus das Feld am frühen Morgen des 12. November auf die Reise, der vor 45 Jahren als erster schwarzer Spieler am ikonischen Major im Augusta National Golf Club teilnehmen durfte. Elder hatte es 1968 via Qualifying School auf die PGA Tour geschafft und wurde nur aufgrund enormem öffentlichen Drucks von den Granden in Grün 1975 zum Masters eingeladen, ausgerechnet im Geburtsjahr von Tiger Woods übrigens, der 1997 erster afroamerikanischen Masters-Champion werden sollte.

„Weiß wie der Ku-Klux Klan“

Das freilich ist nur die geringste Pikanterie an Players Plazet. Immerhin war Augusta National selbst über Jahrzehnte ein Hort der Rassendiskrimierung: „Weiß wie der Ku-Klux Klan“ stand 1969 in der „Los Angels Times“ über die erzkonservative Mischpoke von der Magnolia Lane zu lesen. Es gehörte quasi zur Clubsatzung, denn „solange ich lebe, sind bei uns die Mitglieder weiß und die Caddies schwarz“, hatte Mitbegründer Clifford Roberts den Seinen ins Stammbuch geschrieben. Der Mann verübte 1977 Selbstmord; es währte jedoch weitere 13 Jahre, bis mit Ron Townsend, dem Ex-Direktor einer TV-Station, ein afroamerikanisches Mitglied eingeladen wurde.

„Ceremonial Tee Shot“ von Lee Elder?

Und nun soll der 86-jährige Elder den Platz von Arnold Palmer einnehmen und einen „Ceremonial Tee Shot“ raushauen. „Ich bin sicher, dass Lee den Ball weiter schlägt, als Arnie in seinen letzten Jahren“, sagt Player (84), der als Südafrikaner selbst aus einem Land mit schlimmer rassistischer Historie stammt – siehe Apartheid –, über den Freund. Elder gewann viermal auf der PGA Tour, war 1979 zudem der erste Afroamerikaner beim Ryder Cup, engagierte sich zeitlebens für soziale Gerechtigkeit und attackierte noch 1990 amerikanische Golfclubs und ihre Mitgliedschaftspolitik öffentlich für die Ausgrenzung  von Schwarzen.

„Black Golf Matters“: Dafür steht nicht allein der natürlich herausragende Superstar Tiger Woods, sondern das verdeutlichen gleichermaßen Spieler vom Schlage eines Tony Finau, Harold Varner III oder eben Cameron Champ. Ihre heutige Präsenz übertüncht einen hässlichen Fleck auf der Weste des US-Profigolf, nämlich die Kaukasier-Klausel der PGA of America. 1934 hatte die Berufsgolfer-Vertretung dieses seit ihrer Gründung 1916 ohnehin gelebte Dogma schriftlich fixiert und den professionellen Golfsport ausschließlich für kaukasische, also weiße Männer reserviert. Auch einen Collin Morikawa oder Jason Day – um nur mal Majorsieger zu nennen – hätte das vom Tour-Betrieb ausgeschlossen.

Kreuzritter Charlie Sifford

Damit rückt ein anderer Kreuzritter gegen Rassentrennung und ethnische Diskriminierung in den Blickpunkt: der 2015 im Alter von 92 Jahren verstorbene Charlie Sifford. „Er hat Schikanen und Morddrohungen ertragen, um die Rassentrennung der PGA aufzuheben“, hieß es im Kommuniqué des Weißen Hauses, als US-Präsident Barack Obama dem„Bürgerrechtler“ Sifford (US-Senator Sherrod Brown) 2014 die „Presidential Medal of Freedom“ verlieh, Amerikas höchste zivile Auszeichnung.

Siffords Erfolge, seine Bemühungen und nicht zuletzt seine Sturheit führten 1961 zur Annullierung des „Caucasian-only“-Testats in den Statuten der PGA of America. „Für eine Menge von uns hat er den Weg bereitet“, betont Tiger Woods. „Ohne ihn wären wir nicht dort, wo wir jetzt sind. Seine Opfer erlauben mir, dass ich heutzutage Golf spielen kann.“

„Lasst mich einfach nur spielen“

Athleten wie Sifford oder Pete Brown beispielsweise, der 1964 als erster Afroamerikaner mit der Waco Turner Open ein PGA sanktioniertes Turnier gewann, mussten bis zum Ende der Kaukasier-Klausel mit der United Golf Association (UGA) vorlieb nehmen, der „Schwarzen-Liga“, wie sie verächtlich genannt wurde. Dort gewann Sifford zwischen 1952 und 1960 sechs Mal die „National Negro Open“ und kämpfte parallel um Starts auf der PGA Tour.

Mit Beharrlichkeit, Ausnahmegenehmigungen oder der Hilfe prominenter Freunde wie Box-Star Joe Louis trotzte der einstige Caddie und golferische Autodidakt aus Charlotte, North Carolina allen Beschimpfungen und Verfolgungen, von böswilligen Zuschauern versteckten Bällen oder selbst menschlichen Exkrementen im Fahnen-Cup – so geschehen bei der Phoenix Open 1952. „Let me just play“, „Lasst mich einfach nur spielen“ lautet der beziehungsreiche Titel seiner 1992 erschienen Autobiographie.


Mariah Stackhouse auf der LPGA Tour. (Foto: Getty)

„Black Golf Matters“: Mariah Stackhouse (26) aus North Carolina ist aktuell das einzige schwarze Vollmitglied auf der LPGA Tour und erlebt dort eine „sehr familiäre, positive Atmosphäre“. Der Circuit führt in seinen Chroniken insgesamt nur acht afroamerikanische Spielerinnen, darunter Tiger Woods‘ Nichte Cheyenne Woods. (Foto: Getty Images)


Als im November 1961 auf Druck von Kaliforniens oberstem Staatsanwalt Stanley Monk die Kaukasier-Klausel gestrichen wurde, erhielt Sifford im Alter von 39 Jahren als erster Afroamerikaner die volle Spielberechtigung der PGA und trug sich mit dem Titel der Greater Hartford Open 1967 als erster afroamerikanischer Sieger eines hundertprozentigen PGA-Events in die Historie ein. 1969 gewann er die Los Angeles Open und mit der Senior PGA Championship 1975 sogar ein Turnier, das später zum Major avancierte.

Augusta National in der Zwickmühle

Post aus Augusta freilich erhielt er nie. Die Masters-Macher sperrten ihn und Seinesgleichen konsequent aus, änderten dafür notfalls sogar flugs die Einladungskriterien. Während Sifford irgendwann drauf gepfiffen hat („Die meisten dieser H....söhne habe ich eh überlebt!“), schleifte Lee Elder 1975 die Bastion Augusta National, wurde dafür im Vorfeld mit Hass-Botschaften aus dem rechten Lager überflutet, und könnte nun zum zweiten Mal einen großen Auftritt auf der elitären Bühne bekommen.

Mal sehen, was Clubchef Fred Ridley und seine Clique zu Players Vorschlag sagen. Eines ist klar: Sie sitzen ziemlich in der Zwickmühle …

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