Back Nine

Koepka nach Krimi von Bethpage: „Dieser Sieg ist der bislang schönste“

20. Mai. 2019 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland

Brooks Koepka nach seinem Triumph bei der PGA Championship 2019. (Foto: Getty)

Brooks Koepka nach seinem Triumph bei der PGA Championship 2019. (Foto: Getty)

Die Trauben für Brooks Koepka wachsen in den Himmel: „Golf.com“ nannte seine Dominanz geradezu „tigeresk“, „Golf-Channel“-Analyst Brandel Chamblee verglich den alten und neuen PGA Champion mit dem Woods der 2000er Jahre, der renommierte US-Golfjournalist Michael Bamberger sieht ihn künftig schon als Teil einer neuen „Großen Drei“ mit Tiger und Jack Nicklaus und der 15-fache Majorsieger selbst bescheinigt Koepka eine glänzende Zukunft. „Er hat ein Spiel und eine Hingabe ans Spiel gefunden, die ihn großartig spielen lassen. Und er wird damit noch eine Menge guter Jahre haben“, lobt Woods bereits am vergangenen Freitag. Das ist mächtig viel Lorbeer, den sie da ums Haupt des 29-Jährigen winden, der gestern Abend einfach nur froh war, „nach 18 Loch Schluss machen zu dürfen und nicht weiter spielen zu müssen. So aufgeregt wie auf dem Schlussgrün war ich noch nie in meinem Leben“.

Irgendwann vor dieser 101. PGA Championship hat Brooks Koepka mal gesagt, zwischen Loch 5 und 12 sei eine Golfrunde total langweilig. Gestern hat er sich selbst eines Besseren belehrt, auf Loch 12 gerade das dritte seiner insgesamt sechs Bogeys gespielt, dabei von 11 bis 14 vier in Reihe. „Ich war einfach nicht gut mit dem Driver und habe mir zuwenig Chancen vom Tee gegeben“, analysierte Koepka anschließend. „Wenn man sich auf Bethpage Black leistet, dann hast du echt einen miesen Tag und genau den hatte ich.“ Mehr noch, er war kurz davor, dieses Major trotz einer Führung von ursprünglich sieben Schlägen noch aus der Hand zu geben. „Mit so einer Führung zu spielen, ist gar nicht so einfach. Einerseits will man sie ausbauen und nicht zu passiv spielen, andererseits fürchtet man, wieder in Richtung Feld zurück zu fallen. Und bei jedem Bogey denkst du: Jetzt bringst du die anderen wieder ins Spiel, jetzt eröffnest du ihnen wieder eine Perspektive …“

Und dann war Dustin Johnson plötzlich auf einen Schlag dran, nach Koepkas Bogey-Blackout stand es zwischen ihm und seinem „Best Buddie“ im drittletzten Flight auf einmal -9:-8. „Nervös war ich nicht. Ich habe auch nie daran gedacht, eventuell zu scheitern“, sagte Koepka, räumte freilich ein: „Ich war schlichtweg geschockt. Umso glücklicher bin ich, dieses Ding (die Wanamaker Trophy, Anm. der Redaktion) jetzt neben mir zu haben. Dieser Sieg hier ist bislang gewiss der schönste.“

View this post on Instagram

This one was different. #pgachamp

A post shared by PGA Championship (@pgachampionship) on

Und der Golfsport hat endgültig einen neuen Superstar. Vielleicht nicht unbedingt einen, wie ihn sich manche wünschen: Koepka ist kein Typ für Glamour und Gloria, keiner für den großen Auftritt außerhalb des Golfplatzes. Er ist eher ein Arbeiter, im Kraftraum und am Schläger, wenngleich manchmal sehr wohl Feinmechaniker. Das hat er in den ersten Tagen von Bethpage Black gezeigt, als er in allen gängigen Präzisionsstatistiken klar vorne lag. Er ist ein kontrollierter Typ, so wie er auch den Ball kontrolliert, besser als die meisten anderen. Sein Credo ist die Fehlervermeidung, das mag langweilig sein, aber Koepka setzt damit neue Standards im Reigen der „wilden Bomber“ vom Abschlag. So gewinnt man Majors, auch wenn es gestern nicht ganz danach aussah. Und fürs Jetset-Chichi ist ohnehin Freundin Jena Sims zuständig.

Am Ende des Krimis in Grün bekam sie dann auch noch den Kuss, den ihr Koepka, völlig auf die anstehende Aufgabe fokussiert, beim Eintreffen auf Bethpage Black mit einem eher barschen „Get off“ noch verwehrt hatte. Was die trotzdem um Aufmerksamkeit heischende Miss Sims übrigens mit sichtlichem Missvergnügen quittierte – kein Kommentar:

„Dass es so schnell geht, hätte nicht mal ich selbst geglaubt“

Was für die Bücher: Diesen einen Rekord hätte Brooks Koepka definitiv nicht gern aufgestellt, denn zwischendrin sah es gestern so aus, als würde der 29-Jährige zum ersten Spieler, der jemals bei einem Major eine Sieben-Schläge-Führung noch aus der Hand gegeben hätte. Der Hüne wankte mit sechs Bogeys auf seiner „stressigen Finalrunde“ (Koepka), aber dank Dustin Johnsons später Fehler fiel er nicht. Und so steht nebst allerlei Führungs- und Distanzrekorden nach 18, 36 und 54 Loch die einmalige Bestmarke zu Buche, als erster „ever“ die PGA Championship und die US Open jeweils zwei Mal in Folge gewonnen zu haben und die Titel – Stand heute – auch gleichzeitig zu halten. Generell mehrfache „Back-to-back“-Majors schrieben sich bislang lediglich Woods sowie Walter Hagen und Bobby Jones gut

Und vier Siege innerhalb von nur acht Majorstarts (seit dem Gewinn der US Open von Erin Hills 2017) schafften zuvor nur Tiger Woods, Jack Nicklaus und Ben Hogan. „Nicht mal ich selbst habe geglaubt, dass ich das so schnell hinkriege“, sagte Koepka gestern.

Dustin Johnson und der Platz-zwei-Grand-Slam

Danksagung: Ein großes Kompliment geht an Dustin Johnson. Der Longhitter aus Kalifornien hat das Finale dieser 101. PGA Championship mit seinen insgesamt vier Birdies noch mal richtig spannend gemacht, nachdem zuvor noch alles nach einem einsamen Durchmarsch von Brooks Koepka aussah. „D. J.“ war übrigens der einzige Spieler, der alle vierRunden über Bethpage Black in den 60ern spielte (69, 67, 69, 69) und der einzige, der die gefährliche 15 an allen vier Tagen mit einem Birdie abschloss. Er hatte zuvor auf die Hilfe von Koepka gehofft, die ihm dieser auch „großzügig“ gewährte; leider ging dem 34-Jährigen zum Schluss der Saft aus – wer weiß, wie dieses Major ohne die Bogeys auf den Löchern 16 und 17 geendet wäre. Dafür darf sich Johnson noch einen, freilich eher fragwürdigen Rekord zugute schreiben: Mit dem gestrigen Rang zwei komplettierte er als achter Spieler der Golfgeschichte den Karriere-Grand-Slam an zweiten Plätzen (Masters 2019, US Open 2015, Open Championship 2011). Sein Kommentar: „Ok, ich bin total begeistert.“

Vorfreude auf Ryder Cup mit New Yorker Fans

Reden wir über Zuschauer: Diese 101. PGA Championship hat auch das Verhalten der Fans wieder ins Gespräch gebracht. Am Rande der Fairways von Bethpage Black wurde unsinniges Zeug gebrüllt, ab und an gepöbelt und viel getrunken, letzteres oftmals bis zum Umkippen. „Ja, es war etwas ausufernd. Aber das ist halt New York. Es ist ,The People’s Country Club‘. Und es ist lustig“, sagte Brooks Koepka. „Es gab da am Samstag einen Typen, der mich vom ersten bis zum letzten Loch verfolgt hat und immer nur ,Shank‘ gerufen hat. Ich war allerdings sicher, dass ich ihm diesen Gefallen nicht tun würde. Man sollte einfach drüber lachen.“

View this post on Instagram

No shortage of banter at Bethpage this week. #pgachamp

A post shared by PGA Championship (@pgachampionship) on

Und als die Fans ab Loch 14 Lauf der Finalrunde lautstark ins Dustin-Johnson-Lager geschwenkt sind, hat das Koepka nach eigenem Bekunden eher geholfen: „Darüber darf man sich nicht wundern, wenn man den sicheren Sieg gerade mit vier Bogeys in Serie zur Hälfte weggeschmissen hat. Es kam genau zur richtigen Zeit. Ich dachte mir, wenn jetzt jeder gegen mich ist, dann zeige ich es ihnen erst recht. Let‘s go!“

Der nunmehr vierfache Majorsieger ist denn auch schon gespannt auf Bethpage Black und 2024. „Viel Glück für Europa mit diesen Fans“, grinste Koepka. „Das wird ein ziemlich lauter und ungehobelter Ryder Cup. Ich hoffe, dass ich es ins US-Team schaffe, ansonsten bin ich auf jeden Fall als Zuschauer hier.“

Wenn Golf einfach umwerfend ist …

Was sonst noch bleibt von dieser 101. PGA Championship: ein umwerfend abwechslungsreiches Turnier auf einem umwerfend schwierigen Platz mit einem umwerfend spannenden Finale und einem Champion, der zwei Tage lang umwerfend gut spielte und als eigentlich sicherer Sieger zum Schluss doch abzustürzen drohte. Da kommt dieses Video als bildliche Untermalung gerade recht:

McIlroy bekennt sich zu Olympia

Sinneswandel: Vor dem Comeback des Golfsports bei den Olympischen Sommerspielen in Rio de Janeiro 2016 gehörte Rory McIlroy noch zu den prominenten Verweigerern des Turniers, offiziell begründet mit der Furcht vor dem Zika-Virus. Jetzt hat der Nordire umgedacht und sich eindeutig zu Golf im Zeichen der Ringe bekannt. Vor einer Woche bestätigte McIlroy, dass er kommendes Jahr im Kasumigaseki Golf Club nahe Tokio an den Abschlag gehen wird – und zwar für Irland. Nach jetzigem Stand wären „Rors“ und Shane Lowry das Team der „grünen Insel“, in Rio hatten noch der aktuelle Ryder-Cup-Teamchef Padraig Harrington und Seamus Power die irischen Farben vertreten.

„Beef“ Johnston: Erschlankt, aber mit neuem Appetit auf Golf

Was macht eigentlich …: Andrew Johnston. Lange hat man von „Beef“ nichts mehr gehört, der bärtige Engländer schien etwas in der Versenkung verschwunden. Zum British Masters dann tauchte Johnston wieder auf, immer noch vollbärtig, aber sichtlich schlanker. „Er ist jetzt eher ein Mini-Burger denn ein ,Big Mac‘„, scherzte einer der Coaches auf der Driving Range. „Ja, ich habe aufgehört, all dieses miese Zeug zu essen, das ich so gern mag“, bestätigte „Beef“. Mehr noch, er habe mit Unterstützung eines Psychologen während seiner dreimonatigen Auszeit seit Februar „verstanden, wo die Dinge falsch gelaufen sind“. Johnston sagte, er habe sich nie mit diesem ganzen Hype um „Beef“ auseinandergesetzt, „sondern diese Dinge einfach bedient, weil ich auch was zurückgeben und die Leute glücklich machen wollte“. Doch das geriet eher zu einer Negativspirale: „Als ich dann in die USA ging und es dort schlecht lief, habe ich echt gedacht, ich hätte versagt.“ Nun scheint es, als hätte „Beef“ den Appetit auf Golf wiedergefunden.

Trumps Handicap-Konto gehackt

Fake News: Irgendwann vergangene Woche tauchte die Meldung auf, US-Präsident Donald Trump habe sein Handicap dank einer 68er Runde (!) im April auf 1,8 heruntergeschraubt. Die Nachricht entstammte dem „Golf Handicap and Information Network“ (GHIN) der USGA, in das Golfer ihr Scores selbst einpflegen können, und natürlich kam unsereinem sofort das unlängst erschienene Buch „Commander in Cheat“ von Rick Reilly in den Sinn, in dem der US-Autor unter Berufung auf seriöse Quellen die Betrügereien von „The Donald“ auf dem Golfplatz darlegt. Jetzt freilich hat die USGA mitgeteilt, dass Trumps GHIN-Account offensichtlich gehackt worden sei. Über den oder die Täter, vielleicht gar eine ganze fremde Regierung – es wäre ja nicht der erste digitale Eingriff zu Trumps Gunsten gewesen –, könnte man jetzt munter spekulieren; die 68 wurde jedenfalls wieder entfernt.

Golf für „Couch Potatoes“

Zum Schluss: … der Beweis, dass man auch als „Couch Potatoe“, beispielsweise während der Übertragungen von Brooks Koepka zum Schluss etwas wackeligen Triumphmarschs über Bethpage Black, golferisch nicht untätig bleiben muss. „Coach Rusty“ demonstriert uns hier eine schöne Übung fürs Wohnzimmer:


Feedback