Panorama

Zeugen widersprechen – Wurde Allenby nicht entführt?

25. Jan. 2015 von Tobias Hennig in Köln, Deutschland

Robert Allenby hat auch nach dem Raubüberfall noch einiges zu überstehen. (Foto: Getty)

Im Fall des vermeintlich entführten und verprügelten Robert Allenby entspinnt sich eine wirre Geschichte. Ein Augenzeuge will gesehen haben, dass der australische Golfprofi sich selbst bei einem Sturz verletzte und gegen dessen eigene Aussage, nicht bereits blutend aus einem Auto geworfen wurde. Es ist nicht die einzige Version der Vorgänge, die Allenby widerspricht.

Dem Zeugen zufolge beklagte sich Allenby kurz zuvor bei ihm, dass er über das Ausscheiden bei der Sony Open in Hawaii auf Honolulu sehr traurig sei und in einem Strip-Lokal, in das der 43-Jährige nach dem verpassten Cut ging, um Zerstreuung zu finden, unter Drogen gesetzt worden sei. Danach sei "kein Verbrechen" geschehen. "Es war seine eigene Dummheit", sagte Chris Khamis, der Augenzeuge, dem Staradvertiser, einer hawaiianischen Zeitung.

"Es war seine eigene Dummheit"

Robert Allenby im Interview mit dem Golfchannel nach dem Überfall. (Foto: golfchannel.com)

Robert Allenby im Interview mit dem Golfchannel nach dem Überfall. (Foto: golfchannel.com)

"Er (Allenby) wurde ohnmächtig und schlug sich den Kopf auf. Ich war dabei. Niemand hat ihn aus einem Auto geworfen", beteuerte der 47-jährige Obdachlose. Allerdings habe er den Moment des Unfalls selbst nicht gesehen, da er sich nach einem Passanten umsah, um Allenby ein Taxi zu rufen. "Ich hatte mich nur für eine Sekunde umgedreht. Niemand war in unserer Nähe." Als er sich wieder dem Golfer zuwandt, blutete dieser am Kopf. "Da stand ich und dachte nur 'Oh mein Gott!'." Er habe Allenby daraufhin einige Taschentücher gereicht, um die Blutung zu stillen. Allenby soll währenddessen immerzu mit seiner Kreditkarte gewunken und wiederholt haben, er sei Millionär.

Die Aussage Khamis' deckt sich keineswegs mit Allenbys Beschreibung der Vorgänge. Der hatte zu Protokoll gegeben, er sei nach dem Besuch in einer Weinbar zusammengeschlagen, ausgeraubt und entführt worden, bevor man ihn sechs Meilen entfernt in einem Park aus dem Auto gestoßen habe. Steht nun Aussage gegen Aussage? Weit gefehlt. Viel mehr steht Aussage gegen Aussage gegen Aussage gegen Aussage.

Stritt sich Robert Allenby mit zwei Obdachlosen?

Denn Khamis ist nicht der erste angeblich Augenzeuge, der der Version Allenbys widerspricht. Zuvor hatte bereits Charade Keane behauptet, der PGA-Tour-Profi habe sich unweit der Weinbar mit zwei obdachlosen Männern auf der Straße gestritten. Die selbst ebenfalls Obdachlose sei dazwischen gegangen und habe ihm in ein Taxi geholfen. Als Allenby die Geschichte aus den Medien vernahm, schrieb er Golfjournalist Tom Rosaforte eine SMS. Er glaube, "die Frau wird bezahlt", um die Hintergründe der Tat zu verschleiern und die Täter zu schützen. Wenige Tage später traf er die Frau vor laufender Kamera und dankte ihr mit 1000 US-Dollar für die Hilfe.

Noch eine Version. Und noch eine...

Dann ist da noch eine vierte Version, in dem zur Posse verkommenden Kriminalfall. Toa Kaili, obdachlos, wie es alle Augenzeugen dieses Falles zu sein scheinen, schilderte dem australischen Fernsehsender Channel 9, er und ein Freund seien auf einem Fußweg in Waikiki am Samstagabend quasi über den ohnmächtigen Golfer gestolpert und hätten ihn aufgeweckt. Allenby habe die beiden daraufhin des Diebstahls beschuldigt. Zwei Stunden später sei Kaili an den Ort zurückgekehrt und habe den 43-Jährigen, nun blutüberströmt, noch immer auf dem Gehweg liegend aufgefunden.

Es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein, bis weitere Versionen der Geschehnisse vom 17. Januar bekanntwerden. Bei den bisherigen wird man jedenfalls den Verdacht nicht los, dass der ein oder andere Profit aus der Not Allenbys schlagen will. Doch auch der Golfer muss sich fragen lassen, was es mit seinem merkwürdigen Verhalten gegenüber Keane, die er zunächst der Lüge bezichtigte, um ihr später für die Hilfe zu danken, bezwecken wollte.

Polizei hält Fall nicht für Entführung

Fakten sind jedenfalls rar in diesem mysteriösen Spektakel um die Deutungshoheit über den Überfall. Einzig und allein die gestohlene Kreditkarte gibt einen Hinweis auf die möglichen Täter. Das Videomaterial zahlreicher Überwachungskameras wird derzeit ausgewertet. Circa 10.000 US-Dollar soll ein Unbekannter mit Allenbys Karte in verschiedenen Läden, darunter Bekleidungs- und Schnapsläden, gezahlt haben. Die örtliche Polizei untersucht den Fall mittlerweile nicht mehr als Entführung, sondern als Raub und steht Allenbys Aussage skeptisch gegenüber. "Wir sind nicht in Mexiko, wo kriminelle Banden rumrennen und Leute entführen", sagte ein namentlich nicht genannter hawaiianischer Vollzugsbeamter Hawaii News Now.

Das Opfer, das schon lange nicht mehr der Mittelpunkt des Geschehens ist, sagte Mitte der Woche seine eigentlich geplante Teilnahme an der Humana Challenge, die an diesem Sonntag zu Ende geht, ab. Allenby will sich auf seine Genesung konzentrieren.


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