Panorama

Jason Day: Der lange Weg zum ersehnten Majorsieg

17. Aug. 2015 von Michael F. Basche in Usedom, Deutschland

Colin Swatton (l.) ist für Jason Day mehr als nur der Caddie an der Tasche des frisch gebackenen Majorsiegers.

Colin Swatton (l.) ist für Jason Day mehr als nur der Caddie an der Tasche des frisch gebackenen Majorsiegers. (Foto: Getty)

Das Wortspiel ist allzu gefällig: „Jason made his Day!“ Am Finaltag der PGA Championship 2015 hat sich Jason Day wahrlich den Tag versüßt. Als fünfter Australier gewann der 27-Jährige aus Queensland das letzte Major das Jahres, sein Triumph in Whistling Straits ist insgesamt sogar der elfte Majorsieg eines Professionals von „Down Under“. Gleichzeitig fiel an „Jason‘s Day“ mit dem Gesamtergebnis von 20 unter Par auch noch der niedrigste Score bei einem Major seit Beginn der Golf-Zeitrechnung. Diese Bestmarke hat Day quasi im Vorbeigehen mitgenommen, als er mit einer bestechenden 67er-Runde den Himmelsstürmer Jordan Spieth bei dessen Jagd nach dem „American Slam“ auf Abstand hielt: „An den Score habe ich dabei gar nicht gedacht.“

Zwei 54-Loch-Führungen blieben unvollendet

Drei Mal war Jason Day Zweiter eines Majors, 2011 in Augusta (mit Landsmann Adam Scott) sowie bei der US Open im gleichen Jahr und 2013 (mit Phil Mickelson); zwei Mal ging er vor Whistling Straits als 54-Loch-Spitzenreiter in ein Major-Finale, auch das blieb unvollendet. Besonders dramatisch war‘s heuer in Chambers Bay, als er während der zweiten Runde wegen einer Nerven-Infektion im Ohr mit Schwindelanfällen auf dem Fairway kollabierte, sich durch den Samstag schleppte und in die Spitzengruppe spielte, um wieder nicht zu obsiegen.

Vier Wochen später war Day bei der Open Championship auf dem Old Course zu St. Andrews vor dem Finale erneut ganz oben mit dabei und verpasste das Playoff wegen eines zu kurz gelassenen Birdie-Putts auf der 18. Freilich, statt Frust zu schieben, trat er in der Woche drauf zur Canadian Open an und holte sich den vierten Titel auf der PGA Tour.

Der Stachel muss dennoch tief gesessen haben. „Ding dong, die Hexe ist tot“, twitterte der neue Champion vielsagend ein Foto von seiner Pressekonferenz. Endlich hatte er eine Drittrunden-Führung auch ins Ziel gebracht. Aber nicht nur wegen der sechs Top-Five- und neun Top-Ten-Platzierungen in den 20 Majors vor dieser 97. PGA Championship war es ein steiniger und nervenzehrender Weg.

Wilder Zwölfjähriger mit Schlägereien und Alkohol

Jason Day begann seine Golfkarriere als Sechsjähriger mit einem alten Holz drei, das Vater Alvin im Sperrmüll gefunden hatte. Doch als Day Senior an Magenkrebs starb, geriet der zwölfjährige Jason auf die schiefe Bahn, prügelte sich und ertränkte seinen Kummer im Alkohol. „Wir waren sehr arm und ich war richtig wild, habe nur Unsinn gemacht, all die falschen Sachen.“ Seine philippinische Mutter Dening sah sich das ein halbes Jahr an, nahm dann eine zweite Hypothek auf das Häuschen in Beaudesert auf, fürs Schulgeld überdies einen zweiten Job an und schickte den ungebärdigen Sohn erst auf die „ Kooralbyn International School“, ein Internat, das auch Adam Scott besucht hat, später aufs „Hills International College“.

In der angeschlossenen Golf-Akademie führte Pro Colin Swatton ein strenges Regime – und wurde zum Glücksfall für Jason Day. Und zum Vater, den der Wildfang nicht mehr hatte. „Er hat mich wieder in die richtige Spur gebracht“, sagt Day. Seither gehen die beiden gemeinsame Wege. 14 Jahre nunmehr. Als Ersatzvater und Ziehsohn, als Mentor und Zögling, als Schwungtrainer und Schüler, als Caddie und Professional. Mit Swatton an der Tasche, inspiriert zudem von einem Buch über Tiger Woods, wurde Day 2006 Profi und avancierte im Mai 2010 bei der Byron Nelson Championship zum jüngsten australischen Sieger in Amerikas erster Golfliga.

Neue „Big Three“ als Jungbrunnen-Kur?

So war Swatton auch der erste, dem Day am Sonntagabend nach dem letzten kurzen Putt weinend in den Armen lag, während Ehefrau Ellie, die das zweite Kind erwartet, und Söhnchen Dash aufs Grün liefen. „Ich habe ihm gesagt, dass ich ihn liebe. Ansonsten konnten wir im Überschwang der Gefühle eh nur wirres Zeug stammeln“, beschrieb Swatton die Szene. „Er ist für mich da, seit ich zwölfeinhalb bin, machte mich vom ,Kid‘ auf Abwegen zum Majorsieger. Er bedeutet eine Welt für mich und ich werde ihn ewig lieben“, schluchzte Day im Gegenzug. „Niemand hätte erwartet, dass der Weg, auf dem ich damals war, mich heute hierhin führt.“

Jetzt ist er Dritter im Bund der Twens an der Spitze der Weltrangliste. „Wir nähern uns den neuen ,Big Three‘ im Golf“, sagt Swatton in Anspielung auf Jack Nicklaus, Gary Player und Arnold Palmer. Zumindest aber ruht auf Jordan Spieth, Rory McIlroy und Jason Day die Hoffnung einer belebenden Jungbrunnen-Kur für den im „Anti-Aging“-Kampf stolpernden Golfsport.


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