Panorama

Korruption: Int. Golfverband anfälliger als FIFA

16. Mrz. 2016 von Franziska Heinrichsmeier in Köln, Deutschland

Olympia hat 2016 erstmals nach 113 Jahren wieder Golf im Angebot. (Foto: Getty)

Olympia hat 2016 erstmals nach 113 Jahren wieder Golf im Angebot. (Foto: Getty)

Zunächst einmal: Die wissenschaftlich erforschte Korruptionsanfälligkeit bedeutet nicht, dassbetrogen oder bestochen wurde. Also keine Panik und alles der Reihe nach. Armout Geeraert hat sich am "Play the Game / Dänisches Institut für Sport Studien" mit dem Betrugsrisiko der internationalen Sportverbände der 35 olympischen Sportarten auseinandergesetzt, wobei der Internationale Golfverband mit am schlechtesten abschloss.

Die „goldene“ Linie für eine niedrige Korruptionsanfälligkeit lag bei 75 Prozent der maximal möglichen Punktzahl – nur eine einzige Organisation konnte diese überbieten, und zwar die internationale Dachorganisation des Pferdesports (FEI). Ironischerweise liegt der Fußballverband FIFA, seit Jahren in skandalöse Verflechtungen verwickelt und unter der Führung von Sepp Blatter ein Synonym für Vetternwirtschaft, mit 67,8 Prozent auf Platz zwei des Rankings - während die International Golf Federation (IGF), der internationale Golfverband, mit nüchternen 27,8% auf dem vorletzten Platz landete. Doch wie ist es möglich, dass ausgerechnet eine Institution wie die FIFA oder der IAAF (Leichtathletik - Platz acht mit 52,5 %), in denen erwiesenermaßen Korruption und Machtmissbrauch herrscht, vordere Ränge belegen?

Das Ranking zur Korruptionsanfälligkeit in den olympischen Sportdachverbänden. (Foto: Sports Governance Observer)

Das Ranking zur Korruptionsanfälligkeit in den olympischen Sportdachverbänden. (Foto: Sports Governance Observer)

Der Forscher Arnout Geeraert stellt dazu ganz klar fest: „Das reine Punkteergebnis weist nicht auf ein Fehlverhalten hin, es ist lediglich die Struktur der Organisation, die sehr problematisch scheint.“ Sprich, mit der Studie soll lediglich darauf hingewiesen werden, dass manche Verbandsstrukturen ein Nährboden für Korruption sein könnten. Es gibt viele Strukturen, die nur grob Statuten zu Wahlvorgängen, etc. festsetzen und somit leichter angreifbar sind als feste, demokratische Organisationsstrukturen.

Verbesserungsvorschläge, keine Kritik

Die ursprüngliche Forschung „Action for Good Governance in international Sports Organisations“, die in Kooperation mit sechs Universitäten, unter anderem der Deutschen Sporthochschule Köln, entstand, wurde bereits 2012/2013 veröffentlicht. Anknüpfend daran entstand unter Geeraert der "Sports Governance Observer". Es soll ein Hinweis bzw. eine Richtlinie sein, wie Organisationen ihre Strukturen verbessern können.

Untersucht wurden die Strukturen der Verbände in vier Kategorien: Transparenz, Demokratischer Prozess, gegenseitige Kontrolle und Solidarität bzw. soziale Verantwortung. Jeder Kategorie waren mehrere Aspekte untergeordnet, für die Punkte von eins (nicht vorhanden) bis fünf (sehr gut) vergeben wurden, wodurch sich ein Ergebnis im Verhältnis zur möglichen Gesamtpunktzahl berechnen ließ.

Fehlende Kooperation seitens der IGF

Wenn man keine robusten, internationalen Strukturen habe, gäbe es eine viel höhere Wahrscheinlichkeit für opportunistisches Verhalten und eine unwirksame Regierung, da solche Strukturen das Verhalten von Individuen fördern, sagt Geeraert. Er betont, dass man für die Studie auf die Kooperation der Verbände angewiesen war. Aber lediglich 16 der 35 Verbände haben kooperiert, unter anderem die FIFA. Die IGF hat auf mehrfache Nachfrage nicht reagiert, was dem Verband zum Nachteil ausgelegt wurde. Neben einzelnen Punkten, die entfielen, konnte Kategorie vier „Solidarität“ gar nicht gewertet werden. „Hätten sie mit uns kooperiert, wäre das Bild durchaus klarer“, folgert der Forscher der belgischen Universität in Leuven.

Durch mangelnde Kooperation konnte ein Viertel der Kriterien nicht bedacht werden. (Foto: Sports Governance Observer)

Durch mangelnde Kooperation konnte ein Viertel der Kriterien nicht bedacht werden. (Foto: Sports Governance Observer)

In Sachen „Transparenz“ kann sich die IGF noch durchaus sehen lassen. 33% wurden hier als Zwischensumme erzielt, was unter anderem an den für jedermann zugänglich gemachten Informationen über Statuten, Sportregeln, Organisationscharta und die Mitglieder liegt. Minuspunkte gab es hingegen für fehlende öffentliche Informationen wie Entscheidungen des Exekutivkomitees. Wie schwer es für eine Studie ist, jeder Sportart gerecht zu werden, zeigt hier aber das Kriterium „Auskunft über Hauptveranstaltungen und ausführliche Informationen“. Die IGF ist zwar der Dachverband des Golfsportes, jedoch gibt es hier keine Weltmeisterschaften, die vom Verband organisiert werden. Die Profiturniere obliegen allein ihren Mitgliedern – den jeweiligen Touren.

Einziger Dachverband ohne gewählten Präsidenten

Ein weiterer großer Kritikpunkt gegenüber der IGF ist, dass sie die einzige der 35 Organisationen ist, die ihren Präsidenten nicht wählt. Der IGF-Präsident wird aus den Komitee-Mitgliedern ernannt und Komitee-Mitglieder sind wiederum (unter anderem) die Verantwortlichen für die PGA Tour, European Tour, LPGA und PGA of America.

Peter Dawson ist amtierender IGF Präsident. (Foto: Getty)

Peter Dawson ist amtierender IGF Präsident. (Foto: Getty)

Hier mahnt Geeragert aber viele der internationalen olympischen Verbände, denn über 54 % (19 Verbände) wählen zwar den Präsidenten - benennen ihre Präsidentschaftskandidaten aber erst einen Monat, oder weniger, vor der Wahl. Des Weiteren hat keine Organisation Regeln zur Regulierung eines Präsidenten auf ein oder zwei Wahlperioden.

Man darf jedoch nicht vergessen, dass die IGF, gegründet 1958, zwar der Dachverband des Golfes ist, aber bisher kaum mehr als die Amateurweltmeisterschaften organisiert hat. Als 2009 das Olympische Komitee Golf wieder zu einer olympischen Sportart ab 2016 erklärte, erwachte die IGF aus einem "Dornröschen Schlaf". Erst jetzt hat der Verband eine öffentlich wahrnehmbare Aufgabe und rückt in das Licht auch kritischer Studien.

Neue Aufgaben an denen die IGF wachsen muss

Der mit der Ernennung zur Olympiasportart einhergehende Schritt, den Hauptsitz des IGF in die Schweiz zu verlegen, war im Übrigen im Sinne der Studie eine Fehlentscheidung. Durch große steuerliche und organisatorische Autonomie und der geringen Verfolgung von privater Korruption, bekamen alle 23 dort ansässigen Organisationen weitere Minuspunkte.

Dennoch ist Golf in guter Gesellschaft, denn der Großteil der Verbände erzielte ein Ergebnis unter 50 Prozent. Laut Geeraert würde sich der Sport in einer legitimen Krise befinden, ginge es in der Studie um erwiesene Korruptionsfälle, und nicht nur um anfällige Organisationsstrukturen. „Der Grund warum wir diese Studie angefertigt haben, ist nicht, um zu sagen <Schaut wie böse alle sind!>, sondern um Debatten und Reformen in den Dachverbände anzuregen“, erklärt er. Eine Chance, so gesehen, für den internationalen Golfverband, sich und seine Strukturen zu verbessern und sich so deutlich von Korruption im Sport zu distanzieren.

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