Golftraining

Gute Beinarbeit ist der Schlüssel für weitere Schläge

21. Mrz. 2016 von Dr. med. Michael A. Mecner und Dr. med. Christopher M. Weller in Köln, Deutschland

Länge fängt in den Beinen an - weiß auch der amtierende amerikanische Ryder-Cup-Kapitän Fred Couples. (Foto: Getty)

Länge fängt in den Beinen an - weiß auch der amtierende amerikanische Presidents-Cup-Kapitän Fred Couples. (Foto: Getty)

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Was ist das Geheimnis für weite Drives? Ein Blick auf die aktuelle PGA Driving Distance Statistik verrät, dass konstitutionell betrachtet die Körpergröße scheinbar eine Rolle spielt. Die Top-3 (Dustin Johnson, Charlie Beljan und Bubba Watson) weisen eine Körpergröße von mindestens 1,91 m auf. Klar, die Hebelverhältnisse werden hier eine wesentliche Rolle spielen und kleiner gewachsene haben einen prädestinierten Nachteil. Aus biomechanischer Sicht ist das jedoch ein Irrtum.

Zunächst einmal spiegelt diese Statistik nicht den exakten Durchschnitt der Drive-Länge eines jeden Spielers wieder. Das liegt alleine schon daran, dass bei diesen relativ unspezifischen Messungen der PGA, die jeweiligen Spieler nicht immer den Driver in der Hand hatten oder deutlich seltener als andere gemessen wurden.

Klein aber fein - McIlroy macht's vor

Noch vor kurzer Zeit lagen Dustin Johnson und Rory McIlroy in dieser Statistik dicht hintereinander. Und auch sonst zählen konstitutionell deutlich kleinere Spieler als Dustin Johnson ebenfalls wie er zu den Longhittern (beispielsweise Rory McIlroy oder Jason Day). Wie schaffen es diese Spieler mangelnde Körpergröße oder sogar fehlende Muskelmasse zu kompensieren und auf gleiche Schlagweiten wie „die Großen“ zu kommen?

Biomechanisch betrachtet ist der Golfschwung eine der komplexesten Kombinationsbewegungen überhaupt. Bezüglich benötigter Gelenke und Muskeln sogar vergleichbar mit Sportarten wie dem Stabhochsprung. Das Entscheidende bei derartigen Sportarten ist, aus einer Kombination von verschiedenen Bewegungsarten (Dreh-, Schiebe- und Hebelbewegungen) eine zeitlich koordinierte Abfolge zu generieren, eine sogenannte „kinematische Kette“, damit am Ende die gewünschte Wirkung entsteht. Im Fall von Golf: Möglichst viel Schlägerkopfgeschwindigkeit, möglichst parallel zur Zielrichtung, möglichst abweichungsarm und das alles am Besten gleichzeitig und zwar im Treffmoment, dem "Impact".

Mit Rotation gegen die "Chicken Wings"

Hierfür braucht man nicht nur Kraft! Und schon gar keinen aktiven Einsatz der Arme. Beweglichkeit, Balance, Stabilität und Kraft sind die vier Grundsäulen der kinematischen Kette für den Golfschwung. Viele Professionals der PGA Tour verbringen natürlich auch sehr viel Zeit damit Muskelmasse und somit Kraft aufzubauen. Jedoch haben Professionals meist überdurchschnittliche Fähigkeiten in den übrigen Bereichen (Beweglichkeit, Balance und Stabilität), so dass sie mit gezieltem Krafttraining ihre Performance noch weiter steigern können. Wir als Amateurgolfer kompensieren Defizite in der kinematischen Kette praktisch immer mit Kraft. Und das führt zu Schlagweitenverlust, Überlastungsbeschwerden und uneleganten Ausweichbewegungen der Arme.

„Chicken Wing“: Uneleganter Ausdruck mangelnder Körperdrehung und Verlust von Schlägerkopfgeschwindigkeit.  Die Arme überholen die Köperdrehung und haben keinen Platz zum freien Durchschwung. (Foto: Golfmedizin Stuttgart)

„Chicken Wing“: Uneleganter Ausdruck mangelnder Körperdrehung und Verlust von Schlägerkopfgeschwindigkeit. Die Arme überholen die Köperdrehung und haben keinen Platz zum freien Durchschwung. (Foto: Golfmedizin Stuttgart)

Zwei typische Vertreter dieser unschönen Armbewegungen sind das „Casting“ („Angel Auswerfen“) und die allseits bekannten „Chicken Wings“ im "Follow Through", dem Durchschwung. Beides ist die Folge von aktivem Einsatz der Arme, bzw. mangelndem aktiven Einsatz des Rumpfes. Von entscheidender Bedeutung ist hier eine aktive Beinarbeit. Ab dem höchsten Punkt des Rückschwungs, dem "Top of Backswing", sollten die Arme als letztes, passiv der Bewegung in Richtung Ziel folgen. Entscheidend ist es, den Abschwung mit den Beinen einzuleiten. Hierbei sollte das rechte Bein (beim Rechtshänder) den initialen Startimpuls setzen und dabei das Becken Richtung Ziel schieben, so als wolle man sich auf einer Eisplatte seitlich nach links mit dem rechten Fuß wegdrücken.

Alles hört auf die Beine

Kurz darauf sollte das Becken beginnen Richtung Ziel zu rotieren. Hierbei kann man sich vorstellen, mit der linken Gesäßhälfte einen Gegenstand nach hinten wegzurücken. Wichtig ist, den Oberkörper während der Ausführung dieser Kombinationsbewegung nicht zu stark zu krümmen, sondern moderat mitzubewegen. Zu starkes Schieben der Hüfte ohne Oberkörpermitbewegung führt zu starken Krümmungsbewegungen der Lendenwirbelsäule (sog. "Shifting") und kann Verletzungen und Schmerzen verursachen.

Als letztes kommen wir auf die Arme und Handgelenke zu sprechen. Diese sollten bis zum Impact und auch während des "Follow through" nicht aktiv bewegt werden. Während der Becken- und Rumpfrotation dienen sie lediglich als Hebel und sollten passiv dem Impuls der Beine und des Rumpfes folgen. Hierbei kann man sich für den Moment des Impacts vorstellen dass man mit dem rechten Arm den Trolley hinter sich herzieht: Der Körper ist bereits Richtung Ziel gewandt, während die Arme und Hände noch hinter dem Körper sind.

Kinematische Kette für maximale Weite

Wenn man auf diese Dinge ab der Beschleunigungsphase, dem "Impact" und "Follow through" achtet, erreicht man höhere Schlägerkopfgeschwindigkeiten, niedrigere Fehlerraten, Prävention von Verletzungen (insbesondere dem Golfer Ellenbogen) und die Elimination des Chicken Wings. Zur Optimierung dieser Abläufe ist Beweglichkeitstrainig der Hüften, Stabilität des Rumpfes und die Balance bei schnellen Rotationsbewegungen empfehlenswert. Die richtige Ausführung dieser kinematischen Kette ist also der Schlüssel, um das Maximum aus dem Schwung zu holen.

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