Golfreisen

Nord Course von Green Eagle: „Grünes Monster“ für die Tour

02. Sep. 2019 von Michael F. Basche in Hamburg, Deutschland

Der Nord Course von Green Eagle ist der längste Platz im Kalender der European Tour.

Der Nord Course von Green Eagle ist der längste Platz im Kalender der European Tour. (Foto: Green Eagle)

Meine Güte, ist die Bahn lang. Ich stehe auf dem Fairway der 16, habe inklusive Abschlag schon drei Mal die Hölzer in der Hand gehabt und muss immer noch genau hingucken, um die Fahne auszumachen. 645 Meter vom weißen Champion-Tee, das reicht anderswo locker für zwei Golflöcher. Irgendwo links arbeitet sich der Kollege übers 15. Fairway Richtung Grün vor, auch ‘ne Methode. Gerade haben wir schon so einen „Lulatsch“ hinter uns gebracht, 578 Meter, allerdings bloß das mittlere der fünf Par-5-Löcher auf dem Nord Course von Green Eagle. Und 586 Meter liegen als Finalaufgabe noch vor uns.

Hinter dem 18. Grün wartet Michael Blesch und schmunzelt über uns ziemlich beeindruckte „Golf-Post“-Tester. Am liebsten hätte der Hausherr und einstige PGA-Golflehrer die Schlussbahn bereits vor zwei Jahren zur Porsche European Open 2017 als Par 4 ausgesteckt: „445 Meter vielleicht, dann wären sie gezwungen, die Fahne zu attackieren. Jetzt legen die Jungs vor, aber ein ,Lay-up‘ nervt.“

Für Profi-Turniere konzipiert

Mit dem Gastspiel der European Tour auf ihrer 42-Loch-Anlage in Winsen (Luhe) haben sich Blesch und sein Partner Ralf Lühmann einen Traum erfüllt, klingt wie eine Binse, ist jedoch keine. Der 2008 eröffnete Nord Course wurde genau für solche Turniere konzipiert, von Blesch selbst, der alles auf Green Eagle geplant und (mit)gebaut hat. Bei unserer Erkundungsrunde hatten die Vorbereitungen für das zweite Topturnier in Deutschland gerade begonnen, einige Par-3-Grüns waren gesperrt, die Fairways noch schmeichelnd, das Rough gnädig.

Überdies blieb die Warnung vor den 17 Wasserhindernissen angesichts sonniger Windstille ein Pro-Forma-Hinweis. Dennoch: Selbst das schlafende „Grüne Monster“, wie Altrocker Alice Cooper den Nord Course mal tituliert hat, ist schon ein gehöriges Untier. Wehe, wenn es geweckt wird. Sprich: Mit Wind und im Tour-Trimm.

15 Hektar Wasserflächen in Green Eagle

Auf 86 Hektar erstrecken sich die 18 nach Spitznamen von Golfstars benannten Bahnen, fast 15 Hektar entfallen allein auf Seen und Teiche, nur bei Bahn 14 besteht eigentlich keine Gefahr, dass der Ball nass wird. Dafür ist das Par 3 von Weiß sage und schreibe 245 Meter lang, 226 Meter von Gelb und 205 von Blau. Am liebsten möchte man sich auf den roten Abschlag (173 Meter) mogeln.

Der Nord Course von Green Eagle ist im Grunde ein Parcours mit zwei Gesichtern. Auf den ersten Neun ist das Geläuf trickreich, ein Shot-Making-Ensemble voller kniffliger Löcher mit teilweise aufreizend kleinen Grüns, auf der Back Nine jedoch vor allem eines – ein Goliath. Ab Loch 10 addieren sich 4.068 Meter zu den 3.093 Metern der ersten Strecke.

Mit insgesamt 7.161 Metern von Weiß ist Bleschs Baby einer der längsten Golfplätze in Europa. „Da kann man nicht auf Nummer sicher gehen“, gibt Pat Perez zu Protokoll: „Um Erfolg zu haben, musst du aggressiv spielen.“

Weil‘s gerade um Zahlen ging: Das Par-73-Layout hat ein Course Rating von 78,4 und einen Slope von 149. Der Platzrekord liegt übrigens bei 65 Schlägen, zuletzt eingestellt vom Dänen Oliver Suhr im Rahmen der Ecco Tour 2016. „Den Score holst du dir auf der Front Nine“, sagt Michael Blesch: „Hinten raus musst du dann versuchen, das Ergebnis zu halten.“

Ostsee-Pipeline kreuzt unterirdisch

Er meint Löcher wie die 1: Das gefällige Dogleg-links um eine Baum-Ecke verspricht mit 345 Metern Erfolgserlebnisse zum Auftakt. Oder die 3 mit ihren 364 Metern am nächsten Teich entlang. Auch die 9, mit 592 Metern zwar ebenfalls ein ellenlanges Par 5, für die Longhitter unter den Tour-Pros gleichwohl eine Birdie-Chance. Dafür eher nicht die 4, wo sich der Lüneburger ein fast herzförmiges und erhöhtes Grün gebaut hat, das halb von Wasser umgeben ist und aus gutem Grund wohl „Heart Breaker“ getauft wurde.

Zwei Bahnen später taucht erstmals dieser mysteriöse breite Sandstreifen auf, der die Bahnen 6 – nebenbei bemerkt wieder ein Halbinsel-Grün und das schwierigste Loch des Platzes –, sowie 9, 10 und 11 kreuzt. „Die Nordeuropäische Erdgasleitung“, informiert Blesch später:„Heißt bei uns auch mal ,Putins Grab‘.“ Das Geröhr mit 1,40 Metern Durchmesser wurde im Februar 2012 quer durch den Platz gezogen, der Graben war neun Meter tief und fast sechs Meter breit.

„Es gab immer wieder Sackungen, man hätte jahrelang gesehen, dass die Fairways dort durchschnitten worden sind“, sagt Blesch. Also machten sie aus der Not eine Tugend, füllten Sand ein, imitierten ein ausgetrocknetes Flussbett und setzten an der 10 stilecht ein altes Ruderboot auf den „Strand“. Das Auge spielt halt mit.

Logischer Standort für Porsche-Turnier

1997 begannen Blesch und Lühmann ihre Golfplatz-Vision. Den Anfang machte der Süd Course, 6.033 Meter lang und mit moderaten CR- und Slope-Werten. Wie sehr sich beide mit ihrem Werk identifizieren, lässt sich allein daran erkennen, dass sie Green Eagle als GbR führen, also persönlich haften mit sämtlichem Hab und Gut. Bei beiden deutschen Ryder-Cup-Bewerbungen war man übrigens dabei, investierte „sechsstellig“ (Blesch) und will sich auch im Fall künftiger Kandidaturen engagieren.

Fürs Porsche-Turnier griffen die Betreiber erneut tief in die Tasche, bauten insgesamt acht Grüns um oder ganz neu: Die 17 beispielsweise, eine wahre Par-3-Schönheit vor Baumkulisse – und hinter Wasser, natürlich! „Wenn der Wind stärker ist, wird es hier das eine oder andere Desaster geben“, prophezeit Blesch. „Die European Tour hat generell befürchtet, dass die Bälle bei Wind auf den langgezogenen Wellen der Breaks wegrollen“, erklärt der 46-Jährige: „Bei den neuen Grüns sind die Wellen kürzer und damit gibt es auch mehr ebene Flächen für Fahnenpositionen.“ Zudem wurden 15 Bunker erneuert, vor allem näher an den Grünrand gezogen. So ‘was ist Tour-Standard, wenngleich es den Pflege-Etat belastet, weil die Zwischenräume zu schmal für Maschinen sind und mit der Hand gemäht werden müssen.

Freilich, die Porsche European Open soll ohnehin auf alle Zeiten in Green Eagle bleiben. Jedenfalls, wenn es nach Blesch und Lühmann geht. Logisch ist ein Turnierstandort im Hamburger Speckgürtel allemal. Denn Porsche verkauft in der Elbmetropole so viele Autos wie nirgendwo sonst in Deutschland – und hat folgerichtig gerade „Alster Gate“, das größte innerstädtische Porsche-Zentrum Europas gebaut. Wie passend: Green Eagles Nord Course ist auch im Turnier-Set-up von knapp 7.000 Metern aktuell der längste Platz des europäischen Tourkalenders.


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