Panorama

Golfende Schüler: Jüngster Beleg für Chinas Golf-Ambivalenz

20. Apr. 2016 von Michael F. Basche in Usedom, Deutschland

Auf Messers Schneide: China und Golf, so richtig warm werden die beiden nicht. (Foto: Getty)

Auf Messers Schneide: China und Golf, so richtig warm werden die beiden nicht. (Foto: Getty)

Bundespräsident Joachim Gauck weilte Ende März noch zum Staatsbesuch im Reich der Mitte, klar, dass China da mit allerlei Themen ins breitere mediale Interesse rückt. Golf ist ebenfalls vertreten. Bei „Spiegel Online“ findet sich ein Beitrag über die „Experimental School of Foreign Language“ in Shanghai, eine staatliche finanzierte Grundschule, die Golf als Pflichtfach eingeführt hat. „Golfspielen ist eine wichtige soziale Qualifikation“, wird Schulleiter Xia Haiping zitiert, und allerhand Golf-Propagandisten rufen angesichts solcher Vorbildlichkeit jetzt Hurra. Aber dient das chinesische Beispiel wirklich als Muster für Nachwuchsarbeit und Golfergewinnung? Mitnichten!

Kaderschmiede für künftige Eliten

Die „Experimental School of Foreign Language“ ist nämlich vor allem eine Kaderschmiede künftiger Eliten, für Rektor Xia, schreibt „Spiegel Online“, „gehört das Erlernen der Sportart zur Vorbereitung auf ein Berufsleben in einem internationalen Umfeld“. Mit Breitensport hat das nichts zu tun, nährt vielmehr den Nimbus einer Sportart für Privilegierte. Und so taugen die Shanghaier Lehranstalt und etliche Privatschulen mit Golf auf dem Unterrichtsplan allenfalls als jüngster Beleg für Chinas Ambivalenz im Umgang mit dem Spiel, man könnte auch sagen: für seine Schizophrenie.

China steht in Sachen Golf zwischen Baum und Borke. Die Volksrepublik, deren großer Führer Mao einst über das „Spiel für Millionäre“ schimpfte, hat mit Mission Hills Shenzhen nördlich von Hongkong und Mission Hills Haikou auf der Tropeninsel Hainan die beiden größten Golfresorts der Welt. 2004 indes verbot die Regierung per Moratorium weitere Golfplätze und begründete dies mit Umweltbedenken, dem Raubbau an landwirtschaftlichen Flächen und dem Schutz der Ressource Wasser.

Illegale Plätze unter falschen Namen

Getreu des einheimischen Sprichworts „Die Berge sind hoch und der Kaiser ist fern“ wurde freilich landauf landab unverdrossen weiter gebaut, die lokalen Fürsten mochten das einträgliche Golfgeschäft nicht aufgeben. Und es waren beileibe keine provisorischen Äcker, sondern Luxusensembles und feine Privatclubs, oft Liebhaberprojekte bestens vernetzter und spendabler Oligarchen. Bis 2011 entstanden trotz des Edikts geschätzt 430 Golfplätze. Sie heißen meist bloß anders, firmieren als Trainingscenter, Ökoparks oder Touristenanlagen und fallen damit nicht unters Moratorium.

Im März 2015 machte dann die Ankündigung Schlagzeilen, China wolle 66 illegale Kurse schließen lassen. Nur Tage später kam die Nachricht, dass Tiger Woods von der „Pacific-Links-International“-Gruppe angeheuert worden sei, um den Tian’an Holiday Golf Club in Peking sowie einen weiteren Parcours zu überarbeiten, für 16,5 Millionen Dollar Gage. Insgesamt sind zwölf Plätze im Großraum der Hauptstadt geplant, die Designs liefern zum Beispiel Pete Dye, Greg Norman und Fred Couples.

„Erzkapitalist“ als Olympiaberater

Andererseits hatte Präsident Xi Jinping, in Personalunion Generalsekretär der chinesischen Kommunisten, den Parteikadern das Golfspiel verboten, als Maßnahme gegen die allgegenwärtige Korruption. Zu verlockend ist es wohl für unterbezahlte Genossen, auf dem Grün nebenher lukrative Deals oder Schmiergelder einzulochen. Nicht von ungefähr warnte die Anti-Korruptionsbehörde der Provinz Guangdong, golfende Staatsdiener könnten sich „vom Volk distanzieren oder korrupt werden“. Das Golfverbot für Mitglieder der Kommunistischen Partei wurde mittlerweile aber wieder aufgehoben.

Für olympisches Edelmetall, sprich Prestige, allerdings ist nichts und niemand zu teuer. Deswegen wurde sogar der „Erzkapitalist“ Greg Norman als Berater engagiert. Australiens „Großer Weißer Hai“ brachte es nach seiner Karriere mit einem weit verzweigten Golfbusiness zum zigfachen Millionär, jetzt soll er sich um Chinas aktuelle und künftige Olympioniken kümmern. Spätestens bei den Spielen 2020 muss selbst im dekadenten Golf die erste Medaille rausspringen.


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