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Das Eisen: Geschmiedet oder gegossen?

28. Aug. 2020 von Johannes Gärtner in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Eisensätze werden entweder durch ein Schmiede- oder ein Gussverfahren hergestellt. (Foto: Getty)

Eisensätze werden entweder durch ein Schmiede- oder ein Gussverfahren hergestellt. (Foto: Getty)

Geschmiedete Eisen fühlen sich weicher an und geben ein besseres Feedback, heißt es. Gegossene Eisen sind fehlerverzeihender, heißt es. Mit geschmiedeten Schlägern kann man seine Schläge besser "shapen", also absichtliche Kurven spielen, heißt es. Sie merken schon, nicht alles, was da an Equipment-Mythen an den Theken des 19. Lochs die Runde macht, entstammt zu 100 Prozent der Realität. Aber was unterscheidet geschmiedete (engl. "forged") und gegossene (engl. "cast") Eisen wirklich und was bedeutet das für den Golfer?

Um das zu beantworten, wagen wir einen kleinen Blick in die Vergangenheit und die Historie der beiden Produktionsarten, schauen uns an, wodurch sich die Produkte unterscheiden und was dabei am Ende übrig bleibt. Wir beginnen mit einer offensichtlichen, aber oft unbemerkten Tatsache.

Geschmiedet vs. gegossen: Unentschieden

Wenn geschmiedete Eisen oder gegossene Eisen um Längen besser wären als das jeweilige Pendant, dann gäbe es den Gegenpol gar nicht mehr. So banal diese Feststellung zu sein scheint, so viel Wahrheit steckt in ihr. Denn letzten Endes handelt es sich bei gegossenen oder geschmiedeten Eisen ja nur um einen unterschiedlichen Herstellungsprozess. Daraus ergeben sich unterschiedliche Resultate für die innere Struktur des Materials. Doch hätte eine der beiden Herstellungsarten einen signifikanten Nachteil, wäre sie mit Sicherheit schon vom Markt verschwunden.

Fast alle Profis vertrauen auf geschmiedete Eisen.(Foto: Getty)

Fast alle Profis vertrauen auf geschmiedete Eisen.(Foto: Getty)

Viele der oft zitierten Unterschiede zwischen geschmiedeten und gegossenen Eisen speisen sich aus nostalgischen Missverständnissen, Marketing-Strategien und gefährlichem Technik-Halbwissen. Was bei Drivern schon lange vom Golfer durchschaut wurde, das wirkt bei der Unterscheidung der Eisen noch vielerorts nach. Zeit, ein bisschen Klarheit zu schaffen.

Hufeisen, Wagenbeschläge, Schlägerköpfe

Die ursprüngliche Form von eisernen Schlägerköpfen ist logischerweise das geschmiedete Eisen und damit ist "handgeschmiedet" gemeint. Die frühen Eisen sahen den heutigen selten ähnlich, sie waren meistens extrem dünn oder hatten andere Spezifikationen. Der Stahl war sehr hart, sodass das unangenehme Gefühl bei Treffern außerhalb der Schlägermitte (Off-Center-Hits) durch den ganzen Körper fuhr.

"Forged Irons" sind keine Samurai-Schwerter

Dass heutige Eisen noch wirklich "handgeschmiedet" sind, kommt höchstens bei kleinen Manufakturen im obersten Preissegment vor. Der Schmied, der den Stahl zigmal faltet und mit dem Hammer in Form bringt wie ein Samurai-Schwert, ist realitätsferne Romantik. Heutzutage wird der Stahl mit tonnenschwerem Gerät erst in die Grobform, dann später in die Feinform "gestampft", in nur wenigen Produkionsschritten. Trotzdem legen sich bei diesem Prozess die "Fasern" des Stahls, sodass man da Material in dieser Hinsicht durchaus mit Holz vergleichen kann - eng übereinander, denn die Eisen werden aus einem einzelnen Stück Stahl geformt.

Die Zeiten der Handarbeit bei Golfschlägern sind vorbei. (Foto: Getty)

Die Zeiten der Handarbeit bei Golfschlägern sind vorbei. Große Industrie ersetzt die kleinen Fertigungen. (Foto: Getty)

Insgesamt ist der Prozess aufwendiger, zeitintensiver und teurer als die Guss-Herstellung. Hinzu kommt, dass der Gestaltung geschmiedeter Eisen Grenzen gesetzt sind: Ein stark ausgeprägtes Cavity-Back-Design, wie es bei gegossenen Eisen möglich ist, kann bei geschmiedeten Eisen nicht realisiert werden, auch wenn die technologische Entwicklung auch vor den Cavity-Designs geschmiedeter Eisen nicht Halt macht. Insgesamt sind es aber vor allem Blade- und Muscle-Back-Eisen, die geschmiedet werden.

Eisen aus flüssigem Stahl

Gegossene Eisen werden im Fein- bzw. Präzisionsgussverfahren hergestellt. Rund 90 Prozent aller Eisen auf dem Markt werden heutzutage so produziert. Das liegt an unterschiedlichen Faktoren, die zusammen genommen die Herstellung gegossener Eisen wirtschaftlicher machen: Die Produktion geht schneller, ist günstiger und ermöglicht aus design-technischer Perspektive einen größeren Gestaltungsspielraum, da der flüssige Stahl in vorgefertigte Formen gegossen werden kann.

In den 1970er-Jahren wurden Technologien aus dem Flugzeugbau für die Golfbranche adaptiert, um sie für die Herstellung von Schlägerköpfen zu verwenden. In den 1980er-Jahren begann die Übernahme des Marktes durch Guss-Produkte, auch wenn sie zu Beginn einen schlechten Ruf hatten, der sich auf mindere Qualität bezog. Der sich stetig weiterentwickelnde Herstellungsprozess konnte die Schwächen des Produkts immer besser abschütteln und vor allem durch seine Tauglichkeit für die Breite überzeugen: Es war möglich, viel mehr Gewicht an die Ränder zu bringen, sodass die Schläger für den Durchschnittsgolfer deutlich bessere Leistungen durch eine höhere Fehlerverzeihbarkeit bedeuteten.

Kraft = Masse x Beschleunigung

Für leistungsbestimmende Parameter im Golf wie Ballgeschwindigkeit, Abflugwinkel oder den Treffmoment insgesamt lässt sich festhalten: Die Art der Herstellung hat darauf keinerlei Auswirkung. Die übertragene Energie auf den Golfball ist dieselbe. Geschmiedete Eisen bieten zwar eine bessere Materialstruktur mit weniger Lufteinschlüssen, aber ob sich das wirklich auf eine bessere Leistungsfähigkeit auswirkt, ist nicht klar. In Sachen Gefühl soll sich jedoch diese ursprüngliche Materialstruktur positiv auswirken.

Bei geschmiedeten Schlägern wird die originale Textur des Stahls beibehalten. (Foto: Mizuno)

Bei geschmiedeten Schlägern wird die originale Textur des Stahls beibehalten. (Foto: Mizuno)

Die viel zitierten Unterschiede im Gefühl und Feedback gehen jedoch meistens nicht nur auf den Herstellungsprozess zurück, sondern auf das Design: Wie bereits beschrieben, werden gegossene Eisen häufiger mit viel Gewicht unten und an den Rändern produziert, während geschmiedete Eisen häufig viel Gewicht hinter dem Sweet-Spot haben. Daraus ergibt sich der Hauptgrund des unterschiedlichen Spiel-Gefühls.

Welche Schläger nun besser sind, lässt sich nicht final klären. Aufgrund der unterschiedlichen Produktionsweise ergeben sich unterschiedliche Spielgefühle, die jedoch die absoluten Zahlen, Daten und Fakten der Leistung nicht merklich tangieren. Durch die Guss-Verfahren sind ausgefallenere Designs möglich, die besonders bei Game oder Super Game Improvement Eisen zum Einsatz kommen, während die geschmiedeten Schläger meist Players Eisen sind.


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