Panorama

Der Fall Singh offenbart große Lücken im Anti-Doping-Kampf

02. Mai. 2013 von Juliane Bender in Köln, Deutschland

Er hat vielleicht etwas ins Rollen gebracht: Vijay Singh muss nach der Verwendung seines Hirschsprays keine Sanktionen befürchten, aber sein Fall zeigt einige Lücken im Antidopingkampf auf. (Foto: Getty)

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Für Vijay Singh ist es noch einmal glimpflich ausgegangen. Der 50-jährige Golfprofi von den Fidschi-Inseln hatte im Januar zugegeben, dass er ein Mittel einnimmt, das seine Leistung beim Golf steigert; und zwar das sogenannte "Deer Antler Spray" - ein Spray mit Wachstumshormonen neuseeländischer Hirsche, das dem Muskelaufbau helfen soll. Es stand seit 2011 auf der Dopingliste. Singh hat es trotzdem genommen, ist nun aber vom Dopingvorwurf freigesprochen worden.

Ja, das ist paradox. Der Grund für den Freispruch ist angeblich, dass die PGA Tour keinen positiven Dopingtest vorliegen habe. Das noch paradoxere: Die PGA Tour hat gar keinen Test durchgeführt, mit dem ein positiver Test hätte zustande kommen können.

"Neue Information" der Welt-Anti-Doping-Agentur

Aber von vorne. Zum Freispruch Singhs war es nur gekommen, weil es auf der Liste der verbotenen Stoffe eine Änderung gab. Davon erfuhr man bei der PGA Tour aber erst, nachdem man die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) speziell für diesen Fall zurate gezogen hatte. Die WADA ist in Sachen Doping der Tonangeber und informierte die PGA Tour, dass das Spray mit dem Hirsch-Wachstumshormon nicht länger als verboten gilt. Mit einer Einschränkung: "Wenn es keinen positiven Dopingtest gibt."

Einen positiven Test gab es tatsächlich nicht, denn Vijay Singh hatte es ja zugegeben. Aber für die PGA Tour sollte die Einschränkung mit dem positiven Test auch eigentlich gar nicht wichtig sein. Denn in ihren eigenen Antidopingregeln steht, dass Doping-Vergehen immer zu ahnden sind - auch ohne positiven Test. Singh hätte also nach PGA-Statuten eine Strafe bekommen müssen. Da die Informationslage sich aber geändert hatte, verkündete der PGA-Tour-Chef Tim Finchem: "Mit der neuen Information der WADA [...] ist es nur fair, Herrn Singhs Einnahme des Hirschsprays nicht länger als Verstoß gegen die Anti-Doping-Maßnahmen der PGA Tour zu werten."

Dopingtests den Anforderungen nicht gewachsen

Dabei hatte das Spray seit 2011 auf der Doping-Liste gestanden. Singh beteuerte jedoch, zum Zeitpunkt der Einnahme nichts von leistungssteigernden Zutaten gewusst zu haben: "Ich habe mir die Liste der enthaltenen Stoffe angeschaut und keine verbotenen Substanzen entdeckt", so der ehemalige Weltranglistenerste nach seinem Geständnis in einem Interview mit Sports Illustrated.
Die Rede ist vom Faktor IFG-1. IGF-1 wird vom menschlichen Körper selbst produziert und fördert das Muskelwachstum. Im Golf kann es helfen, weiter zu schlagen und insgesamt seine Physis zu verbessern. Als Dopingmittel gilt es, wenn IGF-1 dem Körper zusätzlich zugeführt wird. Allerdings - und das ist die Schwierigkeit im Anti-Doping-Kampf - lässt sich synthetisches von originärem IGF-1 nur sehr schwer unterscheiden, weshalb man natürliches kaum von künstlich hinzugefügtem IGF-1 unterscheiden kann. Das geht höchstens mit Bluttests. Mit den Urintests, die die PGA Tour aktuell als einzigen Dopingtest durchführt, ist es fast unmöglich.

Greg Norman fordert Bluttests

Nicht zuletzt wegen dieser Lücken im Anti-Doping-System der PGA Tour hatte kürzlich Greg Norman Bluttests auch für den Golfsport gefordert. Was in anderen Sportarten wie Tennis längst üblich sei, müsse auch im Golfsport zur Anwendung kommen, "wenn man es richtig machen und wissen will, was wirklich vor sich geht", so der ehemalige Weltranglistenerste. Im Tennis müssen die Athleten sogar täglich für eine Stunde an einem vereinbarten Ort erreichbar sein, damit die WADA gegebenenfalls vorbeischauen kann.

Solche Vereinbarungen sind im Golfsport nicht denkbar. Vor allem die PGA Tour wolle ihren Profis nicht die Bürde der täglichen Verfügbarkeit auflasten und versucht deshalb einen Mittelweg zu finden: "Wir testen Spieler nicht außerhalb von Turnieren. Aber wir sind dabei herauszufinden, wie wir zufällige Tests in zumutbarer Form für unsere Athleten entwickeln können", so der Leiter der PGA Tour. Aber was ist am Ende "zumutbar" und doch verlässlich? Spätestens ab 2016, wenn Golf olympisch wird, wird ein rauheres Lüftchen für Golfprofis wehen, die derzeit mit Dopingtests noch etwas geschont werden.

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