British Open

Die Troon-Kandidaten: Wer siegt beim „Briefmarken-Gemetzel“?

12. Jul. 2016 von Michael F. Basche in Usedom, Deutschland

Royal Troon British Open Post Stamp Favoriten

Auch den Favoriten bei der British Open werden Royal Troon und das Wetter ganz schön zu schaffen machen. (Foto: Getty)

Das kann ja was werden bei dieser 145. Open Championship! Der Wetterbericht ist düster und sagt eine Menge Niederschlag voraus, Wind selbstverständlich auch. Diesen indes deutlich strammer als der Schotte grundsätzlich einkalkuliert, wenn er sagt: „Nae wind nae golf“, „ohne Wind ist‘s kein Golf“. Und dann kommt noch Graeme McDowell daher und prophezeit für Royal Troons berühmt-berüchtigte Par-3-Acht „richtig bunte Ergebnisse“: „Das wird ein Gemetzel!“

112 Meter von Düne zu Düne, ein lediglich rund 245 Quadratmeter großes Grün, fünf kraterartige Bunker, so lautet die Aufgabenstellung an der „Briefmarke“. Fliegt der Ball hoch Richtung Fahne, greift ihn sich der Wind, wird flach angespielt, kriegt man die Kugel kaum zum Halten. Dazu kommt eine Back Nine, die in typisch schottischem Wetter zu den schwierigsten der Welt zählt. Wer soll‘s, wer wird‘s richten?

British Open: Sechs amerikanische Sieger seit 1962

Die Buchmacher sind sich einig. Jason Day, Rory McIlroy oder Jordan Spieth. Quoten von 8:1 machen die Drei zu ersten Aspiranten auf den Claret Jug, der Australier und der Texaner waren vergangenes Jahr in St. Andrews schon ganz nah dran, während McIlroy, der Dominator von Royal Liverpool 2014, wegen seines Fußball-Bänderrisses pausierte.

Doch gerade Royal Troon ist ein Kurs für Außenseiter, an der Küste von Ayrshire gewannen in der Vergangenheit zumeist Akteure, die keiner auf dem Zettel hatte: „One-Hit-Wonder“ Todd Hamilton 2004, Justin Leonard 1997, Mark Calcavecchia 1989. Das spräche beispielsweise zugunsten des Masters-Siegers Danny Willett, der aktuell mit 30:1 gehandelt wird.

Allerdings haben nach Bobby Locke (Südafrika) vor 56 Jahren ausschließlich US-Professionals die Open in Troon gewonnen: Arnold Palmer 1962, Tom Weiskopf 1973, Tom Watson 1982, schließlich das vorhin erwähnte Trio. Ein amerikanischer Außenseiter also, so einer wie Titelverteidiger Zach Johnson, der trotz des Play-off-Triumphs im „Home of Golf“ nur eine Quote von 55:1 hat, ebenso übrigens wie Bubba Watson und Jim Furyk.

„D.J.“ 2015 in St. Andrews nur auf T49

Aber da ist noch ein „Außenseiter“, weil er erstaunlicherweise nicht zu den AAA-Favoriten gehört, trotz der Erfolge in seinen letzten zwei Turnieren (US Open, WGC – Bridgestone Invitational), zehn Top-Ten-Platzierungen in 15 Saisonstarts und nicht zuletzt fünf Top-7-Rängen in den letzten sechs Majors. Die Rede ist natürlich von Dustin Johnson, der im „Bookie“-Ranking mit 17:2 bloß auf Platz vier eingestuft ist.

Vielleicht, weil es für den Longhitter bei der British Open bis dato noch nicht so richtig lief. Das beste Ergebnis, einen geteilten zweiten Platz, notierte er 2011 in Royal St. George‘s, mit T49 das schwächste ausgerechnet vergangenes Jahr in St. Andrews. Im Finale der „Offenen Amerikanischen“ von Oakmont freilich hielt Johnson dem Druck eines bevorstehenden Majortriumphs endlich stand, zumal angesichts des drohenden Strafschlags.

Mit golferischem Talent ist der 32-jährige Amerikaner ohnehin förmlich gesegnet, niemand bringt derart optimale physische Voraussetzungen mit. Das zeigen nicht allein seine „Granaten“ mit Hölzern und langen Eisen. Das kurze Spiel steht zwar im Schatten der Weitenjagd, aber qualitativ kaum nach. „Er ist ein herausragender Athlet“, sagt Zach Johnson über den Nachnamensvetter. „Schade für uns andere, dass er Golf als Sport gewählt hat.“

„ESPN“ kürt Garcia zum Titelaspiranten

Dazu kommt ein mentaler Vorteil: „D.J.“ macht sich „keinen Kopf“, wie man so schön sagt, knickt nach Niederlagen oder Kollapsen – und davon hatte er reichlich – psychisch nicht ein. Als Johnson 2011 im Flight mit dem späteren Sieger Darren Clarke an Loch 14 den Ball und seine Titelchancen ins Aus manövrierte, sagte er hinterher: „Wieso verloren? Das ist mein bestes Majorergebnis!“

Einen ganz anderen Außenseiter-Favoriten kürte „ESPN“. Der TV-Sender hat das 156-köpfige Feld per Auswahlverfahren durchleuchtet, Spieler nach allen möglichen Kriterien der vergangenen Open eliminiert, am Ende kam Sergio Garcia als „Champion Golfer of the Year“ 2016 raus. Gönnen würde es dem Spanier jeder, längst fällig ist er überdies!


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