Panorama

Barack Obama und der Dämon seiner Präsidentschaft

29. Jul. 2014 von Oliver Felden in Köln, Deutschland

Er will doch nur spielen - Barack Obama wird seine Golf-Leidenschaft regelmäßig zum Verhängnis. (Foto: Getty)

Er will doch nur spielen - Barack Obama wird seine Golf-Leidenschaft regelmäßig zum Verhängnis. (Foto: Getty)

Auf die US-amerikanischen Medien ist Verlass: In einem wiederkehrenden Zyklus von maximal sechs Monaten wird immer wieder aufs Neue ein Thema breit getreten, das den Amerikanern, allen voran den Republikanern, ein Dorn im Auge zu sein scheint: Barack Obama auf dem Golfplatz. Angesichts der vielen Krisen und Konflikte, denen es aktuell in aller Welt zu begegnen gilt, wirkt die leidige, sich wiederholende Präsidenten-Golf-Thematik in der amerikanischen Medienlandschaft fast schon zynisch. Besonders von Seiten der Konservativen wird jedes neue Foto des Präsidenten auf dem Golfplatz zur medialen Hetze gegen den Demokraten genutzt.

Makaber oder: In der Politik ist alles erlaubt

Dieser Tage ist es wieder soweit: Die konservative Boulevardzeitung New York Post titelt: "Obama spielte seit seiner Wiederwahl 81 Runden Golf und nahm an 75 Veranstaltungen mit Parteispendern teil". Und wie zu erwarten war der Aufschrei wieder mal groß, viele - vornehmlich konservative - englischsprachige Medien sprangen auf den Zug auf. "Obama hat sich von seinem Job Jahre zu früh abgemeldet" titelt die englische Daily Mail, "Barack Obama: Der Teilzeit-Präsident" der britische Express.

Im Internet gehen Obama-Gegner mittlerweile soweit, auf der Homepage obamagolfcounter.com die gespielten Golfrunden ihres Präsidenten zu listen und den gefallenen Soldaten in Afghanistan gegenüberzustellen. Dass es nicht nur makaber und moralisch fragwürdig, sondern in höchstem Maße respektlos gegenüber den kämpfenden Truppen ist, Leben und Tod der Soldaten mit einer profanen Freizeitbeschäftigung aufzuwiegen, daran haben sie wohl keinen Gedanken verschwendet.

Barack Obama gehört einer Mehrheit an

Der Präsidenten-Flight_ Barack Obama und Bill Clinton. (Foto: Getty)

Der Präsidenten-Flight: Barack Obama und Bill Clinton. (Foto: Getty)

Um den letzten Zweiflern den Wind aus den Segeln zu nehmen: 15 der letzten 18 US-Präsidenten spielten Golf, und das nicht mit einer vier- oder achtjährigen Pause, sondern auch während ihrer Amtszeit. Natürlich unterschieden sie sich bei der Ausübung ihres Hobbys hinsichtlich der Intensität. John F. Kennedy beispielsweise war leidenschaftlicher Golfer, er spielte regelmäßg und war Singlehandicapper. Auch Bill Clinton spielte in seiner Amtszeit und wurde schon zusammen mit Barack Obama auf dem Golfplatz gesehen.

Für die Republikaner gilt exemplarisch: Der Großvater mütterlicherseits von George Bush Sr. war Präsident der U.S. Golf Association und gründete den Walker Cup, der Vater des alten Buschs war ebenfalls Präsident der USGA. Das US-Präsidenten Duo Bush aus Vater und Sohn spielte in ihren Amtszeiten etliche Runden Golf, George Bush Sr. wurde 2011 sogar in die World Golf Hall of Fame aufgenommen. Doch an einen kam bisher keiner ran: Dwight D. Eisenhower, republikanischer Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika von 1953 bis 1961, spielte in seiner Amtszeit mehr als 800 Runden Golf, etwa ein Viertel davon im Augusta National, wo er Mitglied war.

Hillary spricht sich für Barack Obama aus

Zum Glück gibt es in den USA auch Personen des öffentlichen Lebens, die das Freizeitverhalten ihres Präsidenten relativieren. Der ehemalige Bürgermeister von New York, Michael Bloomberg, sagte der New York Post: "Sie kritisieren ihn dafür mit Leuten Golf zu spielen, mit denen er sich seines Amtes wegen auseinandersetzen muss. Er sollte das jedes Wochenende tun", so Bloomberg. "Man arbeitet immer besser mit Menschen, zu denen man eine persönliche Beziehung aufbauen kann."

Auch Barack Obamas Gegnerin im Wahlkampf 2012 und heiße Kandidatin für die demokratische Präsidentschaftskandidatur 2017, Hillary Clinton, versucht den Ruf des Präsidenten zu verteidigen. In einem langen Interview auf CNN sagte Clinton zu den Vorwürfen gegen Obama, derartige Kommentare seien unfair: "Ich weiß [...], dass er unermüdlich arbeitet und nachdenkt", und weiter zu aktuellen Vorwürfen, er würde den Konflikt in Nahost vernächlässigen: "Ich glaube, der Präsident tut was er kann, um einen Waffenstillstand zu erreichen und darüber hinaus auszuloten, welche langfristigen Lösungen vorstellbar sind."

Gefundenes Fressen für die Opposition

Die Golf-Leidenschaft des amtierenden Präsidenten, der er ohne einen Hehl daraus zu machen gerne und oft nachgeht, wird regelmäßig von seinen Gegnern als Hebel verwendet. Mit dem populistischen Argument, Obama spiele nur noch Golf und kümmere sich nicht genug um nationale und internationale Angelegenheiten, treffen sie einen Nerv in der Bevölkerung, und schließen teilweise abstruse Argumentationsketten an, die sich jeder gebührenden Sachlichkeit entziehen.

Man kann von Obama halten was man will, und seine Passion für einen zeitintensiven und in gehobenen sozialen Schichten angesiedelten Sport, gerade in Zeiten großer internationaler Krisen offen auszuüben, mag nicht sehr clever sein. Aber dem US-amerikanischen Präsidenten zu unterstellen, er sei ein "Teilzeit-Präsident" oder hätte sich bereits "abgemeldet" entzieht sich jeder rationalen Diskussion.


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